"Meine süße, kleine Aprikose ist ne Bohnenstange"

Detlev Glanerts Kinderoper "Die drei Rätsel" in der Halle Beuel

Beuel. Ein Rahmen trennt die Wirklichkeit von der Fantasie, durch den Rahmen fällt man in Traumwelten hinein und klettert nach abenteuerlichen Reisen wieder zurück ins Hier und Jetzt. In der Bonner Inszenierung von Detlev Glanerts Kinderoper "Die drei Rätsel", als Premiere in der Halle Beuel über die Bühne gegangen, soll der Rahmen den Übertritt aus der Welt der Kindheit in die der Jugend symbolisieren.

Durch ihn steigen am Schluss der geläuterte Lausbub Lasso und die in ein seelenvoll fühlendes Mädchen verwandelte Prinzessin Scharada und verabschieden sich mit einem fröhlichen "Auf Wiedersehen". Die Inszenierung von Mark Daniel Hirsch bringt die Geschichte von Carlo Pasquini als opulentes, kostümverliebtes Fantasymärchen auf die Bühne, mit genügend Turbulenzen, um die Aufmerksamkeit gerade der jungen Zuschauer zu fesseln.

Die erleben zwei Protagonisten, deren Kindheit nicht gerade heimelig ist. Lassos Mutter Popa (gesungen von Gisela Berg) erweist sich als egoistische Frau, die ihren Sohn lediglich als Nutzobjekt sieht ("geh arbeiten!"). Lasso (Luca Sestak) tut allerdings genau das Gegenteil und gibt lieber den starken Kerl, der sich in der Wirtshausszene zu Beginn, umgeben von zwielichtigen Gestalten, als gewiefter Glücksspieler offenbart.

Hier hat auch der von Florian Pestell bestens vorbereitete Kinder- und Jugendchor der Oper den ersten von mehreren eindrucksvollen Auftritten. Der Lausbub beschließt, sich die Gunst der Prinzessin Scharada (Joanna Nora Lissai) zu sichern, indem er ihr drei Rätsel stellt. Kann sie die nicht lösen, muss sie seine Frau werden.

Die Geschichte hat Detlev Glanert auf sehr feinsinnige Art vertont, mal zart, mal effektvoll, aber nicht derb und oberflächlich. Es gibt markante Arien, die eher Songs im Sinne Kurt Weills sind, daneben lyrische, ariose Partien, zugespitzte, temporeiche Ensembleszenen und viel atmosphärischen Zauber wie etwa hingetupfte Gitarrenklänge, farbiges Schlagwerk oder ein herrliches Klarinettentrio, das die Wellen des Meeres nachzeichnet. Die Partitur forderte die jungen Instrumentalisten des Pollicino-Orchesters und der Jugendmusikschule Bonn, ohne sie zu überfordern. Hinreißend das Duo "Meine süße, kleine Aprikose ist ne Bohnenstange", mit dem Lasso den Freund Galgenvogel (Patrick Henckens) den Schmerz einer vergangenen Liebschaft überwinden hilft.

Die zentrale Rätselszene schließlich wird zum spannungsgeladenen Auftritt von Wächtern, Alchimisten, Sterndeutern, dem gefräßigen Vater der Prinzessin (Algis Lunskis) sowie Sigrùn Palmadottir, die als Frau Knochen, der Hofdame Scharadas, einen auch sängerisch glanzvollen Auftritt hat. Ein bisschen Königin der Nacht, ein bisschen Nina Hagen im schaurig-schwarzen Gothic-Outfit, gibt sie die böse Wächterin des Status quo am Hof.

Die drei Rätsel, die Lasso der gefühlskalten Prinzessin stellt, kann Scharada nicht lösen - nun gehört sie Lasso. Doch der will ihr Herz erobern. Herzerfrischend, wie er Scharada im hoheitlichen Schlafgemach durch eine schier unerschöpfliche Menge an unlösbaren Rätseln zum Lachen bringt. Seine wahre Liebe zeigt er ihr, wie Siegfried Brünnhilde, durch ein Nachtlager ohne Berührung.

Begehren durch Verzicht - das ist schon reichlich erwachsen. Die Ordnung am Hof bricht schließlich in einem großen Chaos zusammen, die beiden jungen Liebenden fliehen durch den Rahmen in eine bessere Welt. Stürmischer Beifall für die Ausführenden, auch für Dirigentin Sibylle Wagner.

Weitere Vorstellungen: 16.-18. Juli, 16 Uhr. Karten: (0228) 77 80 08

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