Kölner Philharmonie Meister der Gelassenheit

Seit über einem halben Jahrhundert ist die Academy of St. Martin in the Fields Garant für ein Musizieren auf allerhöchstem Niveau. Von den Gründungsmitgliedern ist heute natürlich niemand mehr dabei. Ausnahme: Sir Neville Marriner, der als Geiger begann und dann seinen Bogen mit dem Dirigentenstab vertauschte.

Im nächsten Jahr wird er 90 und neuerlich in der Philharmonie zu Gast sein. Freilich nicht mit seiner "alten" Truppe, was ein wenig wundert. Auch die Academy präsentiert sich in der neuen Saison wieder, einmal dirigentenlos, dann mit ihrem neuen Music Director, dem Geiger Joshua Bell.

Jetzt leitete Murray Perahia, erster Gastdirigent des Klangkörpers, ein reines Mozart-Programm in der Kölner Philharmonie. Als Solist interpretierte er das Klavierkonzert D-Dur KV 537. Dieses Werk gehört natürlich auch zu den Einspielungen sämtlicher Konzerte, welche mit dem English Chamber Orchestra zwischen 1975 und 1984 entstanden. Mit diesem Mammutunternehmen sorgte Perahia weltweit für Aufmerksamkeit. Allerdings hatte man den jungen Künstler schon im Blick, seit er als erster Amerikaner 1972 den Wettbewerb von Leeds gewonnen hatte.

Die sich anschließende internationale Karriere wurde durch eine Daumenentzündung beeinträchtigt, welche den Pianisten mehrfach zwang, seine Tätigkeit zu unterbrechen. Davon war bei Perahias Kölner Auftritt gottlob nicht das Geringste zu spüren. Gerade das "Krönungskonzert" enthält ein so reiches Passagenwerk, dass selbst minimale Beeinträchtigungen beim Manuellen zu Tage getreten wären. Im übrigen stellte Murray Perahia nicht nur einen perfektem Anschlag unter Beweis, sondern demonstrierte auch eine vollkommene Gelassenheit des Musizierens.

In Mozarts Oper "Le nozze di Figaro" sagt Susanna über den Pagen Cherubino: "Alles, was er macht, macht er gut." Diesen Satz kann man auch auf Murray Perahia anwenden, wobei der Name Cherubin sogar eine doppelte Bedeutung erfährt. Bei Perahias Spiel gab es nichts vordergründig Spekulatives, keine zirzensische Selbstgefälligkeit, keine eitel ausgestellte Raffinesse. Man lauschte vielmehr entspannt dieser stimmigen Interpretation. Das zugegebene Schubert-Impromptu Es-Dur (D 899,2) bot eine kostbare Perlenkette in Tönen.

Als Dirigent beeindruckte Murray Perahia mit vergleichbaren Qualitäten: die drittletzte Sinfonie Mozarts (Es-Dur, KV 543) bezwang mit festlichem Schwung ebenso wie mit lyrischer Wärme im bereits romantisch angehauchten Adagio. Ein so brillant geschultes Orchester wie die Academy (mit einer klanghomogenen Bläserequipe) spielt natürlich auch im Alleingang ohne Fehl und Tadel. Die Serenata notturna (KV 239) mit ihrer wunderhübschen Gelegenheitsmusik bewies es ausgesprochen glückhaft. Zauberhaft die kleinen Improvisationen.

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