Bundeskunsthalle in Bonn Mit spektakulären Ausstellungen aus dem Minus heraus kommen

BONN · Zwei Herren, zwei Meinungen: "Es ist und bleibt sehr spannend, abenteuerlich", jubelt der seit April dieses Jahres fürs Programm zuständige Intendant der Bundeskunsthalle, Rein Wolfs, und freut sich über sein gerade mit sechs parallel laufenden Ausstellungen brummendes Haus und sein Bonmot, man arbeite "in Bonn für Deutschland"; der schon etwas länger amtierende Herr der Zahlen, Geschäftsführer Bernhard Spies, gießt Wasser in den Wein.

"Wir sind zufrieden mit dem Jahr, aber nicht so zufrieden mit den Zahlen", sagte Spies am Dienstag bei der Vorstellung der Bilanz 2013 und der Planung 2014. Nicht die nüchternen Zahlen allein - statt der angepeilten 520.000 rechnet man in diesem Jahr mit 485.000 Besuchern - betrüben den Geschäftsführer.

Das finanzielle Minus könne er dank besserer früherer Jahre auffangen, sagte Spies. Steigende Gehälter und Bewachungskosten sowie explodierende Energiekosten lassen, so Spies, den seit Jahren gleichbleibenden Zuschuss des Bundes von 16,5 Millionen Euro dahinschmelzen. Gerade einmal zwei bis 2,5 Millionen daraus fließen ins Programm.

Der Blick nach vorne: Die erste große neue Ausstellung des Jahres knüpft an die letzte Szene der grandiosen "1914"-Schau an, in der die berühmte Ausstellung mit den "Schwarzen Quadraten" von Kasimir Malewitsch Thema ist. Gleich drei Institutionen von Weltrang werfen 2014 in einer Kooperation ihren Blick auf den großen Malewitsch: Das Stedelijk Museum in Amsterdam, die Tate Modern in London - und die Bundeskunsthalle in Bonn. Jede Institution wird diesen Jahrhundertkünstler aus einer eigenen Perspektive beleuchten.

Mit der Ausstellung "Abenteuer Orient" beschreitet die Bundeskunsthalle einen originellen Weg, Kulturgeschichte und Archäologie zusammenzubringen: Der Kölner Bankierssohn, Orientfreund und Forscher Max von Oppenheim entdeckte 1899 auf dem Tell Halaf an der syrisch-türkischen Grenze einen aramäischen Fürstensitz aus dem 1. Jahrtausend v. Chr.

Die Funde gelangten nach Berlin, wurden 1943 zerstört und 60 Jahre später wieder restauriert. Die Bonner Schau, die unter anderem mit prächtigen Leihgaben aus dem Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum bestückt ist, will das Leben und die Zeit des Orientreisenden Oppenheim vor Augen führen.

Als die Bundeskunsthalle mit der Ausstellung "Dogon" ihre vielversprechende Afrika-Reihe startete, geisterte bereits die Idee durch den Raum, afrikanische Künstler der Anonymität zu entreißen. Was Wissenschaftler schon seit 200 Jahren etwa mit der europäischen Kunst des Mittelakters praktizieren, nämlich einzelne Künstlerpersönlichkeiten anhand ihrer Handschrift zu identifizieren und zum Beispiel mit Notnamen wie "Meister der Ursulalegende" zu benennen, soll nun auch mit Afrika passieren.

Bonn übernimmt dabei gemeinsam mit dem Museum Rietberg in Zürich die Pionierrolle und wendet sich der Elfenbeinkünste zu, wobei auch Künstler von Liberia, Guinea und Burkina Faso einbezogen werden. Die Schau reist weiter in die Nieuwe Kerk, Amsterdam, und ins Musée du Quai Branly, Paris.

Der Madrider Prado schickt für die Weltraumschau "Outer Space" eine Rubens-Schönheit nach Bonn, aus deren Brust ein Milchstrahl schießt - laut Legende die Geburt der Milchstraße. Kultur und Wissenschaft werden in dieser Schau aufeinandertreffen, Science-Fiction auf Forschung, Raumfahrt auf Raumfantasien, der Krieg der Sterne auf den amerikanisch-sowjetischen Wettlauf ins All.

Freuen darf man sich auf eine Mercury-Kapsel, die aus dem Pazifik geborgen wurde, und auf ein - noch nicht spruchreifes - Ost-Pendant. Stargast der Schau soll Alexander Gerst sein, Deutschlands Vertreter auf der nächsten ISS-Mission. Was wird er mit ins All nehmen? Eine "Bundes-Biene" aus Bonn, eines der fleißigen Insekten vom Bundeskunsthallendach.

Bundeskunsthalle: Programm und Vorschau

Laufende Ausstellungen

Bis 12. Januar 2014: "John Bock - Im Modder der Summenmutation"

Bis 23. Februar: "1914 Die Avantgarden im Kampf" - "Missing Sons" - "Echoraum"

Bis 9. März: "Florenz!" - "Villa Romana 1905-2013"

Neue Ausstellungen

11. März bis 22. Juni: "Kasimir Malewitsch und die Russische Avantgarde"

30. April bis 10. August: "Abenteuer Orient. Max von Oppenheim und seine Entdeckung des Tell Halaf"

27. Juni bis 5. Oktober: "Afrikanische Meister. Kunst der Elfenbeinküste"

3. Oktober bis 22. Februar 2015: "Outer Space. Der Weltraum zwischen Kunst und Wissenschaft"

In der Planung

2015: Ausstellung über Impressionistensammlungen in Japan; 2016: 100 Jahre Erfindung des Ready Made; 2020: Ludwig van Beethovens 250. Geburtstag.

Bundeskunsthalle, Di, Mi 19-21, Do-So 10-19 Uhr. www.bundeskunsthalle.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Der finnische Dirigent Santtu-Matias Rouvali und
Ein Virtuose mit viel Gefühl
Konzert mit Bruce Liu in der Philharmonie KölnEin Virtuose mit viel Gefühl
Aus dem Ressort