Mitglieder des Bonner Philharmonischen Chors sangen in Oxforder Townhall

25-köpfige Abordnung verstärkte englisches Ensemble bei einer Aufführung des "War Requiem" - Seit 23 Jahren freundschaftliche Beziehungen

Bonn. Ein Datum nimmt im Nationalbewusstsein der Engländer einen besonderen Platz ein - es ist der "Remembrance Day" am 11. November, an dem des Endes des Ersten Weltkriegs gedacht wird.

Im Umfeld dieses Gedenktages, der sich in diesem Jahr zum 90. Mal jährte, finden überall auf der Insel Veranstaltungen statt, die an das Ende dieser weltgeschichtlichen Katastrophe erinnern.

Im ehrwürdigen Oxford, seit 1948 Partnerstadt von Bonn, stand in der 1897 eröffneten Townhall ein Konzert mit Benjamin Brittens "War Requiem" auf dem Programm. Der ausführende Chor, die "Oxford Harmonic Society", wurde dabei verstärkt von einer rund 25-köpfigen Abordnung des Bonner Philharmonischen Chores, der seit nunmehr 23 Jahren freundschaftliche Beziehungen zu dem Ensemble pflegt.

Die Bonner Sänger nahmen dafür an einem Wochenende eine mitunter die Geduld strapazierende Busreise mit zahlreichen staubedingten Verzögerungen auf sich. Vom Rhein kam damit nicht nur schlichte klangliche Verstärkung an die Themse, sondern auch reichlich Erfahrung, schließlich hat der Philharmonische Chor das "War Requiem" bereits 2005 in der Beethovenhalle aufgeführt. Damals waren übrigens auch Gäste aus Oxford mit von der Partie, nämlich der Knabenchor des New College.

Der Bariton Erik Sohn wiederum, bei der Aufführung 2005 kurzfristig eingesprungen, war auch diesmal mit von der Partie. Und Thomas Neuhoff, Leiter des Philharmonischen Chores, stand am Pult des Kammerorchesters, während er vor drei Jahren in Bonn Chor und großes Orchester dirigiert hatte.

Zu Beginn der Aufführung unter der reich verzierten Kuppel der Townhall fand ein Ritual statt, das bei Veranstaltungen anlässlich des "Remembrance-Day" unverzichtbar ist. Ein Sänger aus den Reihen der "Oxford Harmonic Society" rezitierte Verse aus Laurence Binyons Poem "For the Fallen". Danach gedachte das Auditorium, darunter auch Oxfords Lord Mayor Susanna Pressel, mit einer Schweigeminute der Kriegsopfer.

Tief erschüttert ("hit in the heart") sollten die Zuhörer von der Darbietung des "Requiems" werden, hatte sich Robert Secret, Dirigent der Oxford Harmonic Society, in einem Gespräch nach der Generalprobe gewünscht. Brittens 1962 uraufgeführte Komposition, geschrieben im Gedenken an die von deutschen Bomben zerstörte Kathedrale von Coventry, biete schlicht "amazing music".

Secret, der seit siebzehn Jahren die 1921 gegründete "Society" leitet, verhehlte aber auch nicht, dass die Einstudierung des Requiems ein hartes Stück Probenarbeit bedeutet habe: "It's a very hard piece to do." Trotz nur einer Haupt- und Generalprobe gelang schließlich eine bewegende Aufführung. Auch wenn man nicht jeder Feinheit und Subtilität gerecht wurde, konnte doch die Botschaft der Versöhnung in jedes aufnahmebereite Herz dringen.

Die düstere Atmosphäre des "Requiem aeterna", wo die Musik um ein Tritonus-Intervall kreist und der Chor mehr flüstert als singt, wurde ebenso glaubhaft getroffen wie das wuchtige "Dies irae" oder die geheimnisvoll schimmernde Klangwelt des "Recordare". Auch das gefürchtete "Quam olim Abrahae" entwickelte die nötige Spannkraft, kultiviertes Spiel lieferten die Oxford Sinfonia und das Kammerorchester aus Mitgliedern des Orchesters der Stowe Opera.

Einen ausgezeichneten Eindruck hinterließen die Solisten. Erik Sohns geschmeidiger Bariton und der leicht anspringende Tenor seines Partners Christopher Lemmings ergänzten sich ganz wunderbar. Beiden gelangen hingebungsvolle Ausdeutungen der Dichtungen von Wilfred Owen, die Britten mit dem Text der lateinischen Totenmesse kombiniert hat.

Mit einer Stimme voller Leuchtkraft betörte auch die Sopranistin Elizabeth Traill. Getrübt wurde der schöne Gesamteindruck lediglich vom Knabenchor des New College Chamber Choir, der entweder überfordert oder nicht genügend vorbereitet war.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Neue Musik zwischen Wohnwagen
Beethoven Orchester im BaseCamp Neue Musik zwischen Wohnwagen
Zum Thema
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Aus dem Ressort