Multikulti-Comedy mit Kaya Yanar im Brückenforum

Münchner Kabarett mit Helmut Schleich im Pantheon - Heldentum in der Höhle

"Was guckst du?!"  Kaya Yanar.

"Was guckst du?!" Kaya Yanar.

Foto: dpa

Brückenforum. Warum soll ausgerechnet ein selbst ernannter Turkogermane uns erklären, was typisch deutsch ist? Vielleicht, weil ein wenig Distanz manchmal den Blick schärft? Und weil es ganz einfach witzig ist, wenn er es versucht. Denn Kaya Yanar, der schon mit seinen Multikulti-Fernsehshows "Was guckst du?!" und "Guckst du weita" Erfolge gefeiert hat, legt mit "Made in Germany" nicht umsonst sein drittes Live-Programm vor. Jetzt könnte der ein oder andere ja vielleicht enttäuscht sein, weil Türsteher Hakan, der leicht debil kichernde Ranjid und der heißblütig-tollpatschige Francesco nicht mitkommen konnten.

Doch erstens sind Yanars 100 Minuten solo auch so amüsant genug, um niemanden über Gebühr vermissen zu müssen. Und zweitens schummeln Kayas Kumpels sich doch immer irgendwie durch. Dabei bleibt der Comedian bei "krass" und "korrekt" nicht stehen, sondern definiert den mitunter überstrapazierten Begriff der Völkerverständigung ganz neu. Die Antwort, was nun typisch deutsch ist, bleibt Yanar letzten Endes leider schuldig. Aber dass die Deutschen entgegen aller Vorurteile auch über sich selbst lachen können, haben die Zuschauer im Brückenforum bewiesen.

Pantheon. Hartmut Schlauch hat ein ungewöhnliches Hobby: Er sammelt Helden. Einzeln und handverlesen wie Franz Beckenbauer und Franz Josef Strauß oder gleich en gros wie in Form eines Kriegerdenkmals für die Gefallenen der Jahre 1914 bis 1918 und 1939 bis 1945. Das steht mitten auf der Bühne und dient Schlauchs Alter Ego, dem Münchner Helmut Schleich, als Sammelplatz für seine Requisiten. "Der allerletzte Held" hat er sein neues Programm genannt, das jetzt im Pantheon zu sehen war; ein "beherztes Typenkabarett" unter der Regie von Rainer Pause.

Diese Typen sind entweder nett und (fast) normal wie Schlauch, der sich fragt, worin wohl heutzutage das wahre Heldentum besteht. Oder sie sind herrlich widerwärtig wie der Heiligensammler in einer Wohnung, an der Biologen wie Mark Benecke ihre helle Freude hätten. Wohingegen Heinrich von Horchen, angeblicher Gesangslehrer von Jopi Heesters, zweifelsohne aus einem anderen Jahrhundert stammt. Mit Zylinder und weißem Seidenschal hat er vom Maxim aus noch rasch einen Abstecher ins Pantheon gemacht. So wie Papst Benedikt XVI. zum Stammtisch von Ottfried Fischer: Diese Parodie Schleichs wäre allein schon die Eintrittskarte wert gewesen.

Aber dabei belässt er es natürlich nicht, sondern führt die Zuschauer mit einer gelungenen Mischung aus Schauspiel und Politsatire durch sein ganz persönliches Panoptikum. Geben sich Schlauchs und Schleichs Zeitgenossen tatsächlich mit Feng Shui zufrieden oder suchen die persönliche Erleuchtung auf dem Jakobsweg? Mitnichten. Moderne Helden jedenfalls stürzen sich längst nicht mehr blindlings in Gefahren. Sie stammen von den Feiglingen ab, die seinerzeit lieber in der sicheren Höhle geblieben sind, und das wissen sie auch. Bleibt noch eine Hoffnung: wenigstens g'scheit zu scheitern.

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