Euro-Theater Central Multimedia-Projekt "Konsequenzen" geht an Grenzen

Bonn · Mitten durch den Theaterraum geht ein symbolischer Riss. Oder ein Pfad. Auf jeden Fall eine Bühne. Eine Treppe aus Podesten, belegt mit Papier. Ein Wasserfall aus Weiß, durch zwei Beamer künstlich erweitert, und drum herum das Publikum. Dass der kleine Vorführraum des Euro-Theater Central diese Möglichkeiten bietet, hätte vor der Premiere des Multimedia-Projekts "Konsequenzen" kaum jemand gedacht.

Bis auf die Tanzkompanie bo komplex, bestehend aus Bärbel Stenzenberger und Olaf Reinecke. Die beiden Tänzer, die seit der Inszenierung von "Gisela - Giselle" eine ganz besondere Beziehung zu dem Theater pflegen, öffnen die Bühne, gestalten sie neu - und gehen mit den Konsequenzen auf ihre eigene Weise um.

Das Ergebnis ist eine abstrakte, teils anstrengende, immer vielschichtige Tanzperformance, die jedem Zuschauer eine eigene Interpretation nicht nur erlaubt, sondern geradezu abverlangt. Eine konkrete Botschaft gibt es nicht, soll es nicht geben - lediglich Impulse, Denkanstöße, Facetten.

Im Mittelpunkt dieses manchmal schwer zugänglichen Geschehens stehen Beziehungen. Das Leben. Und das Spiel mit der Harmonie. Schon zu Beginn der dreiteiligen Performance herrschen trotz eines innigen Leiberknäuels Chaos und Dissonanz, hervorgebracht durch eine teilweise schmerzhafte Toninstallation Philipp Roschers und durch Video-Animationen (Lieve Vanderschaeve). Doch immer mehr hält die Ordnung Einzug: Aus dem kriechenden Gewürm werden irgendwann Puppen, schließlich Menschen, die Verwandlungen immer unterbrochen von Einspielern, für die Mitglieder des Euro-Theater-Ensembles Passagen aus im Haus gespielten Stücken eingelesen haben.

Irgendwann ist die Harmonie da. Im Tanz ebenso wie in der Musik. "Warum muss Liebe immer nur ein Monolog sein?", fragt eine Stimme aus den Boxen - und Stenzenberger und Reinecke geben Antwort. Muss es nicht.

Nach 70 Minuten ist alles vorbei. 70 Minuten für Geburt, Harmonie und Zerstörung. Zurück bleibt ein aufgewühltes Publikum, in dem jeder mit dem Gesehenen anders umgeht. Allgemeine Kriterien wie gut oder schlecht scheitern hier. Letztlich muss sich jeder sein eigenes Bild machen, sich auf das Wagnis einlassen, dem mutigen Projekt eine Chance geben. Bis zur letzten Konsequenz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort