Klavierkonzert Murray Perahia begeisterte in der Kölner Philharmonie

KÖLN · In der Kölner Philharmonie, wo ihm fast 2000 Menschen zuhörten, eröffnete der Pianist den Abend mit der Französischen Suite Nr. 5 in G-Dur, die vom Schwierigkeitsgrad auch von fortgeschritteneren Klavierschülern ohne weiteres zu bewältigen ist.

 Der Pianist Murray Perahia bei der Probe in der Philharmonie.

Der Pianist Murray Perahia bei der Probe in der Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Wenn Murray Perahia die Klavierwerke von Johann Sebastian Bach spielt, geht davon ein ganz besonderer Zauber aus. In den vergangenen Jahren hat er sich intensiv mit diesen Werken auseinandergesetzt, mit den Goldberg-Variationen, den Klavierkonzerten, den Partiten, die er auch alle für die CD eingespielt hat. Seine Interpretationen sind auf eine Weise unverwechselbar, die sich diametral von dem Weg eines Glenn Gould unterscheidet.

Perahia sucht die Lösung nicht in den Extremen. Goulds trockenes Staccato ist seine Sache nicht. Aber auch nicht die kathedralenhafte Klangüberhöhung eines Svjatoslav Richter. Es wäre freilich nicht sehr treffend, Perahias Bach-Interpretationen als Mittelweg abzutun. Ihre besondere Qualität liegt in der Selbstverständlichkeit, mit der die Noten zu Klang werden.

In der Kölner Philharmonie, wo ihm fast 2000 Menschen zuhörten, eröffnete er den Abend mit der Französischen Suite Nr. 5 in G-Dur, die vom Schwierigkeitsgrad auch von fortgeschritteneren Klavierschülern ohne weiteres zu bewältigen ist. Perahia freilich spielt mit feinsten Nuancen, lässt die Allemande mit ihren schön eingebundenen Ornamenten wunderbar fließen, die Bassnoten der Gavotte munter marschieren, ohne sie zu sehr hervorzuheben. Und immer, bis zur wirbelnden Gigue, lässt er die Stimmen gleichsam singen.

Auf den Beginn von Perahias Interpretation der "Mondschein-Sonate" Ludwig van Beethovens scheint die Reinheit Bachs durchaus ein wenig abgefärbt zu haben. Perahia nämlich evoziert hier keine romantische Szene, sondern spielt die Achtel-Triolen der gebrochenen Akkorde fast wie ein Bach-Präludium. Doch nachdem er dieses Adagio und ein ganz entspanntes, unbeschwertes Allegretto hinter sich gelassen hatte, kehrte er in den stürmischen Sechzehnteln des Finales nicht nur den Virtuosen hervor, sondern formte die Musik zu einem erschütternden Klangdrama.

Murray Perahia, den eine lange und tiefe Freundschaft mit Vladimir Horowitz verband, ist eben auch ein blendender Techniker. Dieses Rüstzeug benötigt er auch in Robert Schumanns "Faschingsschwank", dessen romantisches Maskenspiel er in wunderbar schillernde Klangfarben tauchte. Dass bereits nach dem ersten Satz applaudiert wurde, irritierte ihn nicht wirklich fühlbar.

Wunderbar schlicht dann wieder Franz Schuberts dreisätzige Klaviersonate A-Dur op. 120. Vor allem in der lyrischen Melodik des langsamen Satzes erlebte man eine sehr bewegende Musik. Schubert folgte später noch einmal als erste Zugabe, dann aber zelebrierte er dessen Impromptu Es-Dur aus op. 90 als virtuoses Schaulaufen der rechten Hand mit einem dramatisch wirkungsvollen Schluss.

Doch bis dahin sollte noch ein ganzes Bündel Chopin auf dem Programm stehen. Hier fiel die sorgsame Auswahl der Stücke auf, die - obwohl aus ganz unterschiedlichen Genres - fast wie ein einzelnes, mehrsätziges Werk wirkten. Der Polonaise in cis-Moll folgte das Prélude in fis-Moll aus op. 28, dessen Virtuosität von der ruhigen Mazurka cis-Moll op. 63,3 gleichsam aufgefangen wurde.

Nach dieser Tonartenfolge hätte Perahia konsequenterweise aus den vier Scherzi eigentlich das in cis-Moll auswählen müssen, doch er überraschte mit h-Moll. Der Effekt, den der Fortissimo geschlagene h-Moll-Akkord zu Beginn dadurch machte, hatte es freilich in sich. Nicht weniger die virtuos drängende Fortsetzung dieses Tonpoems.

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