Museumsplatzkonzerte: Freude im Überfluss

Deutsche Poesie und schottischer Rausch: Element of Crime und Texas begeistern die Zuschauer auf dem Museumsplatz in Bonn.

 "Ist der Sommer schon wieder vorbei": (von links) Christian Komorowski, Sven Regener und David Young.

"Ist der Sommer schon wieder vorbei": (von links) Christian Komorowski, Sven Regener und David Young.

Foto: Horst Müller

Bonn. Dunkle Wolken, Regen, Endzeitstimmung auf dem Museumsplatz. Na und? Die meteorologischen Rahmenbedingungen hatte bereits Andrew Roachford im Vorprogramm von Texas weggesungen. Danach betraten die Mitglieder der Ende der achtziger Jahre in Glasgow gegründeten Band die Bühne, eröffneten den Abend mit einem ausgeklügelten, federleichten Intro.

Es mündete in den Song "I Don't Want A Lover" und das umjubelte Erscheinen von Sängerin Sharleen Spiteri. Sie brachte im Überfluss auf die Bühne, was die Stadtwerbung bei uns für Bonn reklamiert: "Freude. Joy. Joie."

Konzertfotos Texas und Element of Crime auf dem MuseumsplatzSpiteri und ihre Texas-Kollegen spielten sich mit einem ansteckenden Furor durch eine pralle Hitsammlung, inklusive "Say What You Want", "Summer Son" und "Black Eyed Boy". Und natürlich "Everyday Now". Seit sieben Jahren ist Texas nicht mehr in Deutschland aufgetreten, Bonn war 2011 der einzige Spielort auf dem Tourneeplan der Band.

Die rund 2 000 Zuhörer bildeten also einen exklusiven Club. Spiteri, 43, sprintete wie losgelöst über die Bühne, bewegte sich wie ein Kick-Boxer, bewies Humor, Sinn für anzügliche Anspielungen und ging als bisher temperamentvollste Sängerin in die Museumsplatz-Geschichte ein. Sie spielte sich und das Publikum in einen Rausch.

Machen Sie mit! Die Zukunft der Opern-Air-Konzerte auf dem Museumplatz in Bonn beschäftigt viele Menschen. Wie kann, wie soll es weitergehen? Diskutieren Sie mit Dietmar Kanthak, GA-Chefreporter Feuilleton, unter blog.ga.de/aktionStilistisch kannte die Musikerin mit der Aufschrift "Limited" auf dem Shirt keine Grenzen. Spiteri und Band beherrschen alles: Achtziger-Pop-Hymnen, Motown-Soul und sogar Presley. "Suspicious Minds" hätte dem King viel Freude gemacht.

Auf den schottischen Texas-Rausch folgte am Abend darauf - made in Germany - das poetische Pathos und die tänzelnde Schwermut von Element of Crime. Die Band ist genauso lange im Geschäft wie Texas, man hat sie "die Lieblinge des denkenden Liebhabers deutschsprachiger Popmusik" genannt.

Das Konzert eröffneten Sven Regener (Gesang, Gitarre und Trompete) und Kollegen allerdings mit einem Verweis auf ihre englischsprachige Vergangenheit: "Don't You Ever Come Back". Den Song spielten Regener, Jakob Ilja (Gitarre), David Young (Bass), Richard Pappik (Schlagzeug) und Christian Komorowski (Geige) nuanciert aus.

Musikalisch orientiert die Band aus Deutschland sich an internationalen Standards, der Konkurrenz aus England und Amerika begegnen sie auf Augenhöhe. Regener freute sich, in Bonn zu sein, "der Stadt, in der Horst Ehmke Postminister war".

Es blieb nicht der einzige Ehmke-Witz. Mit lakonischem Ton breitete Regener seine einzigartigen Lovesongs aus, er ist ein begnadeter Liebesgeschichten-Erzähler: unsentimental gefühlvoll. Am schönsten war es immer dann, wenn Regeners Trompete und Komorowskis Geige in einen Dialog traten, der direkt ins Herz der Zuhörer traf. "Immer da wo du bist bin ich nie" spielte die Band dann als gehoben krawallige Rock-Nummer. Und "Delmenhorst" als Gute-Laune-Stück.

Mit "Über Nacht" entließ Element of Crime das Publikum nach gut zwei Stunden. "Ich will immer so viel erleben / Und verschlafe doch nur die Zeit / Und kaum dass ich einmal nicht müde bin / Ist der Sommer schon wieder vorbei", heißt es in dem wehmütigen Song. Besser kann man ein Konzert an einem frühherbstlichen Abend nicht zu Ende bringen.

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