Musikalische Europareise im Sauseschritt

Familienkonzert in der Bonner Beethovenhalle - Gelungene Geimeinschaftsvorstellung vom Philharmonischen Chor der Stadt Bonn und dem Kölner Bach-Verein

Bonn. Dass der Philharmonische Chor der Stadt Bonn in dieser Saison auf seinen 150. Geburtstag zurückblicken kann, findet in einer ganzen Reihe von Konzerten den unterschiedlichsten Niederschlag.

Das zweite Familienkonzert, unter weihnachtlichem Motto stehend, hielt dabei ein Chortreffen ganz besonderer Art bereit: Thomas Neuhoff, Auerberg-Kantor und seit 1983 Direktor des Philharmonischen Chores, hat mit dem Beginn dieser Saison auch die künstlerische Leitung des Chores des Kölner Bach-Vereins übernommen, den Winfried Toll, sein Vorgänger im Amt, auf ein ganz erstaunliches Niveau gebracht hat.

Weil derzeit also (fast) alle Macht am Rhein von Bonn ausgeht, lag es nahe, beide Chöre gemeinsam auftreten zu lassen, wobei sich die Gäste aus Köln sehr souverän im Umgang mit der im Vergleich zur Philharmonie absolut trockenen Akustik der Beethovenhalle erwiesen.

Mehr als anderthalb Hundertschaften standen - ergänzt um den Kinderchor der Bonner Lukas-Kirche - bereit für eine musikalische Europareise zu Weihnachten. Die Moderation lag in den bewährten Händen von Luis Wüst, der es sich nicht nehmen ließ, die Weihnachtsgeschichte nach Lukas vorzutragen.

Passend hierzu gab es eine kleine Auswahl aus der zweiten Kantate des Weihnachtsoratoriums von Bach mit Andreas Lenkeit, Tenor, als anfänglich etwas nervösem Evangelisten, und Susanne König, Sopran, als Engel von anmutiger Schlichtheit.

Schlank, sehr beweglich und fröhlich gelangen Neuhoff dabei die Chorpartien. Ausschnitte aus Brittens "A Ceremony Of Carols" op. 28 (mit Waltraud Dost-Rohloff, Harfe) schlossen sich an, bevor sich die vereinigten Chöre im Sauseschritt auf weihnachtliche Europa-Tournee mit Stippvisiten in Italien, Böhmen, Großbritannien, Spanien und schließlich Frankreich begaben.

Dieser "Pflicht" folgte mit Arthur Honeggers Weihnachtskantate die "Kür". Das 1953 entstandene Werk verschränkt in rhythmischer Verkleidung eine ganze Reihe europäischer Weihnachtslieder sehr komplex ineinander, eine Herausforderung, der sich die Chöre (samt munterem Kinderchor) mit großer Präzision und hoher Transparenz stellten.

Zum Abschluss gab''s dann mit Hugo Wolfs "Christnacht" auf einen pathetischen Platen-Text ein zwar selten aufgeführtes, mit seiner bisweilen schwülstig-sentimentalen Wagner-Nähe in ein Familienkonzert auf den ersten Blick aber nicht so recht passendes Werk; die "Kids" waren denn auch vernehmlich mit anderem beschäftigt.

Des ungeachtet überzeugte hier der Chor mit sicherer Höhe im Sopran, und Susanne König einmal mehr mit wohltuend schlankem Ausdruck. Das Orchester der Beethovenhalle musizierte unter Neuhoff sehr diszipliniert und tonschön.

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