Im Kölner E-Werk Musikalische Hochspannung: Band The Mars Volta polarisierte

köln · Songs, die ausschließlich melodischer Harmonik, einem definierten Genre sowie letztlich einem durch Radioformate konditionierten Massengeschmack verpflichtet sind, sind keine Lösung. Zumindest Teil einer Lösung sind ambitionierte Gruppen wie The Mars Volta, die jedoch die Bereitschaft voraussetzen, sich ohne Wenn und Aber auf ihre Musik einzulassen. Im Rahmen ihrer Noctourniquet-Tour gab das amerikanische Quintett, das 2001 aus dem Ende von At The Drive-In hervorgegangen war, ein Konzert im Kölner E-Werk.

 Sänger Cedric Bixler-Zavala von The Mars Volta.

Sänger Cedric Bixler-Zavala von The Mars Volta.

Foto: Thomas Brill

Erwartungsgemäß polarisierte The Mars Volta zunächst das Publikum, schaffte es aber nach fast zwei Stunden musikalischer Überzeugungsarbeit, ihre Akzeptanzquote merklich zu steigern.

Der Polarisierungseffekt der Musik von The Mars Volta spiegelt sich schon früh im Applausverhalten wider. Während knapp die Hälfte der rund 1000 Fans sich offenkundig bedingungslos für den eher zähen Start mit dem sperrigen "Aegis" begeistern kann, reagiert der überwiegende Teil zunächst sehr reserviert. Sänger Cedric Bixler-Zavala mimt den Rock 'n' Roller alter Schule und gefällt sich offenbar in den mikroschleudernden Uralt-Posen von Robert Plant oder Roger Daltrey.

Derweil schwebt seine hohe, aufgeregt klingende Kopfstimme über den komplexen Soundarrangements seiner instrumentalen Mitstreiter. Auch wenn die Musik von The Mars Volta gern als Prog-Core etikettiert wird, so setzt doch Gitarrist und "Ober-Volta" Omar Rodriguez-Lopez alles daran, eine stilistische Einordnung und somit eine kreative Festlegung zu vermeiden.

Seine Musik entspricht einem rockmusikalischen Urknall, dessen komplexe Weiterentwicklungen sich allen rationalen Berechnungsversuchen entziehen. Was als feste Größe bleibt, sind zwei Energiepole, bestehend aus einem Trio mit Schlagzeug, Bass und Gitarre sowie der Zweierkombination aus Keyboards und Gesang. Sie erzeugen eine Reibungshitze, deren musikalische Hochspannung sich permanent in einer Mischung aus Hardrock, Art- und Krautrock entlädt.

Auch wenn gelegentlich Parallelen beispielsweise zu Can hörbar werden, so fehlt doch jene entschleunigte Subtilität der Kölner. Bei The Mars Volta dominiert dagegen eine fast hyperaktive Geschäftigkeit, eine kompositorische Ästhetik, die immer auf dem Sprung ist, frei nach der Devise Stillstand ist Rückschritt.

Dies erfordert eine hohe Aufmerksamkeit und nicht immer ist man mit dem Ergebnis wie bei "The Whip Hand" oder "The Malkin Jewel" einverstanden. Mitunter offenbart das instrumentale Zusammenspiel mehr als einen Moment, in dem in ausufernden Improvisationen reichlich nichtssagender Klangfüllstoff bemüht wird.

Der zum Schluss überwiegend begeisterte Jubel unterstreicht jedoch die Erkenntnis, dass es sogar mehr Gruppen wie The Mars Volta geben sollte, denn Langeweile ist noch immer das größte Übel in der Kunst.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort