Musikalisches Feuerwerk in Bonner Konzertsälen

Jahreswechsel in der Oper und in der Beethovenhalle: Es muss nicht immer Wiener Walzer sein. Auch wenn das Datum Neujahr heißt. Engelen dirigiert russische Musik, Beissel Beethovens Neunte.

Musikalisches Feuerwerk in Bonner Konzertsälen
Foto: Thilo Beu

Oper. Es muss nicht immer Wiener Walzer sein. Auch wenn das Datum Neujahr heißt. Robin Engelen, Erster Kapellmeister des Beethoven Orchesters, bot dem Bonner Publikum in der vollbesetzten Oper mit ausschließlich russischer Musik ein Programm, das vor Lebenslust nur so protzte. Engelen machte keinen Hehl daraus, dass dabei Peter Tschaikowsky sein Favorit war. Seine Ballettmusiken und Arien waren gerahmt durch Werke von Glinka, Mussorgsky, Borodin, Rismky-Korsakow und Rachmaninow.

So konnten die Bonner schwelgen in den berühmten Melodien aus der Nussknackersuite, der funkelnd-süßen Zuckerfee, dem Blumenwalzer oder einer leidenschaftlichen Schwanensee-Suite. Das Orchester überzeugte dabei mit überaus beweglichen Streichern und einem sicher intonierten, flexiblen Bläserapparat.

Den Widerstreit zwischen innerer und äußerer Leidenschaft, verkörperten Irina Oknina und Daniela Denschlag im Duett aus Tschaikowskys Eugen Onegin besonders ausdrucksstark. Und Renatus Mészár stellte dann einen Fürsten mit lyrischem Timbre dar, der die Liebe als wahren Wert erkennt. Für tenoralen Glanz stand demgegenüber George Oniani, der das Bonner Publikum mit seiner sprühenden Arie des Lenski oder dem Arioso des Hermann aus Pique Dame begeisterte.

Auch Chor und Extrachor der Oper hatten sich unter Sibylle Wagner mit den Tiefen der russischen Seele auseinandergesetzt und bestachen mit ihrer sauberen Intonation, wie Borodins Polowetzer Tänzen Nr. 17 oder dem Chor Nr. 11 aus Pique Dame. Susanne Haase-Mühlbauer.

Oper. Es ist eine gute Tradition, dass sich die Ensembles von Oper, Orchester und Schauspiel zum Jahreswechsel zusammentun und noch einmal zu einem vergnüglichen Rundumschlag ausholen. "Best of A night at the Opera" hieß dieses Mal die Devise der zwei nahezu ausverkauften Vorstellungen am Silvestertag. 540 Veranstaltungen mit 185 000 Zuschauern hatte man insgesamt in dieser Saison absolviert, führte Günter Alt, der den Abend im weißen Anzug und als üppiger Vamp moderierte, angesichts drohender Einsparungen an. Doch man wolle heute nicht jammern, sondern feiern.

Die Akteure präsentierten eine quietschbuntes Programm, das für jeden etwas bot: Pop, Jazz, Oper und vor allem gut gelaunte Akteure, deren Laune sich auf das Publikum übertrug. Highlights gab es viele, nicht nur sängerische Darbietungen vieler Schauspiel-Mitglieder, die sich wie Konstantin Lindhorst, der ein zungenbrecherisches "Du bist wie" virtuos absolvierte, oder Birger Frehse, der mit Opernkollegin Emiliya Ivanova zwei Songs zum Besten gab.

Aus dem Opernensemble zeigten sich Mark Rosenthal und Mark Morouse als amüsantes Duo "Mark & Mark" und Susanne Blattert legte mit "Mon coeur" aus Saint-Saens' "Samson et Dalila" die brillanteste sängerische Leistung des Abends hin. Die in tragenden Säulen des Abends waren das Beethoven Orchester, das unter Christopher Sprenger unter anderem mit Auszügen aus Star Wars glänzte und die druckvoll aufspielende "Night at the Opera Band" unter der Leitung von Michael Barfuß, der auch alle Arrangements für diesen Anlass geschrieben hatte. Guido Krawinkel

Beethovenhalle. Die neunte Sinfonie Ludwig van Beethovens hat zum Jahreswechsel global Hochkonjunktur. In Bonn sind seit vielen Jahren Heribert Beissels Klassische Philharmonie und der Chur Cölnische Chor für die Aufführung zuständig. Doch von gelangweilter Routine war der Abend meilenweit entfernt. Die gut 2 000 Hörer, die am Neujahrstag in die ausverkaufte Beethovenhalle geströmt waren, erlebten eine neunte Sinfonie von mitreißender Dramatik.

Beissel und seine Musiker erzeugten mit dem eröffnenden Quintklang jene geheimnisvoll unbestimmte Atmosphäre, aus der sich der musikalische Kosmos dieses Werks entfaltet. Beissel setzte dann ganz auf dramatische Wirkung, wobei er der Pauke vielleicht ein bisschen zu sehr freien Lauf ließ. Ihre Einsätze schossen im ersten Satz wie Explosionen aus dem Orchesterklang heraus. Nach einem virtuos gespielten raschen Scherzo meisterten Beissel und das Orchester den langsamen Satz auf sehr gesangliche Weise. Dem schloss sich das grandiose Chorfinale über Schillers "Ode an die Freude" an, das der Chur Cölnische Chor auf beachtliche Weise gestaltete.

Die Klangbalance stimmte ebenso wie Intonation und Artikulation. An den entscheidenden Stellen hätte man sich allenfalls mehr vokale Wucht vorstellen können. Mit Cordula Berner (Sopran), Cordelia Katharina Weil (Mezzosopran), Hongjae Lim (Tenor) und Sejong Chang (Bass) stand der Aufführung ein homogenes Solistenquartett zur Verfügung, das im ersten Teil des Konzertabends auch schon in Joseph Haydns sogenannter "Mariazeller Messe" zu hören gewesen war. Das Publikum honorierte beide Werke mit viel begeistertem Beifall. Bernhard Hartmann

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