Bonner Beethoven Orchester Musiker fordern gerechtere Bezahlung

BONN · Mit Beethovens berühmtem Thema aus der Neunten Symphonie, gespielt von der Bläsergruppe, machten am Montag etwa 50 Mitglieder des Bonner Beethoven Orchesters auf ihre Tarifsituation aufmerksam.

Die Strategie ging auf: Viele Passanten blieben stehen, lauschten den Tönen und kamen dann mit den Musikerinnen und Musikern, die vom Opernchor unterstützt wurden, ins Gespräch. Seit 2010 nämlich, so erläuterte Henning Groscurth noch vor der Bonner Oper, haben die Orchestermusiker keine Tariferhöhung mehr bekommen - im Gegensatz zu all ihren städtischen Kollegen.

Insgesamt seien das knapp neun Prozent, die ihr Gehalt dem der anderen in Oper und Stadthaus hinterherhinge, so der Fagott spielende Personalrat, der die gestrige Protestaktion angemeldet hatte.

Nach ein paar Takten Beethoven vor der Oper ging es dann laut trillernd durch die Innenstadt bis vor das Beethovendenkmal auf dem Münsterplatz, wo es eine weitere musikalische Protestnote zu hören gab.

Seit den 1950er Jahren waren die Tarifgehälter der Musiker in Kulturorchestern (TVK) an die des öffentlichen Dienstes gekoppelt, bis der Deutsche Bühnenverein dies ab Frühjahr 2010 "verweigerte", erläuterte Thomas Plümacher, Bratschist und Delegierter der Gewerkschaft DOV (Deutsche Orchestervereinigung) - nach Ansicht der Musikergewerkschaft ein Verstoß gegen Tarifrecht.

Doch das Bundesarbeitsgericht sieht keinen Automatismus in der Anpassung der Vergütungen von Orchestermusikern an das Lohnniveau des öffentlichen Dienstes: Ein Anspruch auf den Abschluss eines bestimmten Tarifvertrags könne nicht bestehen, lediglich seien die Tarifparteien zu Verhandlungen verpflichtet, hieß es im Urteil vergangene Woche. Heute ist zwischen den Tarifpartnern eine Verhandlungsrunde vorgesehen.

Rolf Bolwin, Direktor des Deutschen Bühnenvereins, kritisiert die bundesweite Aktion der rund 100 Orchester: "Warnstreiks sind zurzeit unzulässig und rechtswidrig, da sich die Musikergewerkschaft DOV über drei Jahre jeder Verhandlung verweigert hat." Groscurth betont dagegen, dass die Musiker die Aktion bewusst auf ihren freien Tag gelegt hätten, "um die Eskalationsstufe so niedrig wie möglich zu hängen. Wir schaden niemandem".

Für die Bonner Musiker ging es bei ihrer Aktion am Montag aber um weit mehr als ihre Tarifsituation. Die Diskussion der vergangenen Monate um Kürzungen im Kulturbereich sei bezeichnend für eine "schleichende Tendenz in Deutschland, Kultur als verzichtbares Gut" zu verzeichnen, meinte etwa Caroline Steiner. Die Cellistin fühlt sich da "persönlich auf den Schlips getreten".

Sie verstehe nicht, dass die Beethovenstadt Bonn nicht aus diesem großen Namen ebenso wirtschaftliches Kapital schlage wie etwa Salzburg mit Mozart. "Wir haben das Gefühl, dass unsere Arbeit, die Bedeutung des Beethoven Orchesters regional viel weniger wertgeschätzt wird als etwa im Ausland", meint auch ihr Kollege Benjamin Hönle. Im Ausland werde das Orchester bejubelt, in Bonn niederdebattiert. Das Beethovenfest sei im Jahreskalender die einzige Institution, die dem Komponisten gerecht werde.

Was Musiker in Orchestern verdienen

Die Gehaltsstufe von Orchestermusikern richtet sich nach Größe des Ensembles. Da das Bonner Beethoven Orchester über 106 Planstellen verfügt, ist es ein "A-Orchester". Schließlich geht es nach konkreter Tätigkeit (Tuttist oder Solist) sowie nach Dienstalter. Das Gehalt eines Tuttisten beträgt 2815,64 brutto und geht bis maximal 3963,23 brutto nach elf Berufsjahren. Stimmführer oder etwa Solo-Bläser bekommen Zulagen. Allerdings gilt für Musiker die Sechs-Tage-Woche, und sie haben eine extrem lange Ausbildungszeit hinter sich. Das Orchester wird von der Stadt jährlich mit rund 7,5 Millionen Euro bezuschusst.

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