Mussorgsky trifft Kafka und Hugos Quasimodo

Beikircher und Vogt korrespondieren - Große Begeisterung im Bonner Arithmeum

Bonn. Musikalisch-literarische Soireen haben derzeit Konjunktur - mit qualitativ höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Lanze für derartiges "Crossover" haben der Pianist Lars Vogt und der Profi-Rheinländer Konrad Beikircher durch ihre Engführung von Mussorgskys Klavier-Zyklus "Bilder einer Ausstellung" und eine Reihe korrespondierender Texte brechen können.

Um es vorwegzunehmen: Das Unternehmen ist wortlastig, was unter anderem bedeutet, dass der Pianist eben keinen (musik-) dramaturgisch geschlossenen Zyklus abliefern kann, sondern innehalten, konkret: während der Rezitationen die Spannung aufrechterhalten muss; Vogt gelingt dies prächtig.

Seine "Bilder" sind sehr sensibel ausgehorcht und klingen dabei fast impressionistisch. Als Pendant zu "Promenade" hat Beikircher zunächst einmal Empfindungen eines Ausstellungsflaneurs ersonnen, denen er dezent ein wenig Musiktheorie beimischt, um hernach mit überwiegend weltliterarischen Texten den musikalischen Gehalt der "Bilder" reflektierend zu kommentieren.

Klasse hat das insbesondere dort, wo Text und Musik am weitesten voneinander entfernt scheinen. So stellt Beikircher Mussorgskys "Zwei Juden, Samuel Goldenberg und Schmuyle" Kafkas "Vor dem Gesetz" gegenüber.

Direktere, auch witzige Bezüge entstehen durch das Zusammenschließen von "Gnomus" und Hugos Quasimodo aus "Notre-Dame de Paris".

Und natürlich bieten sich die Hölle aus Dantes "La Divina Commedia" als literarisches Vorspiel zum Finale, "Die Hütte der Baba Yaga", und schließlich zur erlösenden Apotheose, "Das große Tor von Kiew", geradezu an. Große Begeisterung in einem völlig überfüllten Arithmeum.

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