"Muttis Kinder" im Pantheon

BONN · Die A-Cappella-Formation präsentierte sich in Bonn fabulierend und übermütig.

Die Blonde mit der Roaring-Twenties-Frisur trägt ein kleines Schwarzes und singt, sie singt sehr schön. Die beiden sie flankierenden Herren imitieren autark operierende Schallplattenspieler, die sich mit populärem Liedgut dazugesellen. Das Ganze verquirlt mehr und mehr zu einer kaleidoskopartigen Performance aus abgehackten, verzerrten Lauten, Downpitch-Effekten, Rückkopplungen und DJ-Mix-Schnipseln. Aus dem Chaos entsteht bekanntermaßen die Ordnung (in diesem Fall "Sweet Dreams" von den Eurythmics). Vorerst.

Claudia Graue, Christopher Nell und Marcus Melzwig bilden eine A-Cappella-Formation mit dem netten Namen "Muttis Kinder". Das 2004 gegründete Trio aus Rostock hat trotz seiner noch jungen Geschichte schon so etwas wie einen Kultstatus in der A-Cappella-Szene erlangt. Wer ihr jüngstes Gastspiel im Pantheon erleben durfte, weiß definitiv, warum das so ist.

Die zutiefst schwermütige und, im ursprünglichen Sinn, dumpfe Rammstein-Ballade "Ohne Dich" nehmen die Drei nach allen Regeln der Sangeskunst auseinander. Für meteorologische Verwirrung sorgt ein Medley, das nahe liegende Titel wie "Here Comes The Sun" oder "Singin' In The Rain" unter ein Dach bringt. Sehr launig und ungetrübt lustig, da darf der Klamauk ruhig einmal um die Ecke lugen.

Ansonsten bevorzugen "Muttis Kinder" erfreulicherweise den etwas leiseren Humor und dezent-subtile Comedy-Elemente, die eingestreut werden. Nach der Pause lässt Melzwig eine Bassgitarre aus seiner Kehle erklingen, Graue lässt die "E-Gitarre" aus Chris Isaaks "Wicked Game" dazu aufjaulen, dann haucht sie den sirupsüßen Song ins Mikrofon, während zwischen ihren Kollegen ein wirklich komisches Vocal-Battle nach Rap-Vorbild entsteht.

Stimmentechnisch stets höchste Spielklasse, dazu theatralisch und pathetisch, fabulierend und übermütig. Und mit einem ironischen Habitus, den "Muttis Kinder" durchgängig und souverän durchschimmern lassen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Aus dem Ressort