Kammeroper Köln "My Fair Lady" kommt nach Sankt Augustin und erntet viel Beifall

SANKT AUGUSTIN · Etwas zu genau beim Wort genommen hat Phonetikprofessor Henry Higgings den britischen Philosophen Sir Francis Bacon, "die Sprache gehört zum Charakter des Menschen". Higgins Fazit: Wer nicht richtig spricht, ist kein wahrer Mensch. Und das lässt er die Menschen im London des Jahres 1912 spüren: "Ermorden sollt? man sie, für kaltblütigen Muttersprachenmord."

 Der feine Professor Henry Higgins (Wolf Latzel, ganz links) und Oberst Pickering (ganz rechts) entdecken Blumenmädchen Eliza Doolittle (Maria Mucha, rechts) auf der Straße.

Der feine Professor Henry Higgins (Wolf Latzel, ganz links) und Oberst Pickering (ganz rechts) entdecken Blumenmädchen Eliza Doolittle (Maria Mucha, rechts) auf der Straße.

Foto: Thomas Heinemann

Das wiederum meint der Professor - zumindest nicht in Gänze - wortwörtlich, als er, der Protagonist des Musicals "My Fair Lady", auf die arme wie bezaubernde Blumenmagd Eliza Doolittle (Maria Mucha) trifft. Denn die spricht, wie auf den Straßen Londons bis heute unter Arbeitern üblich, weniger den feinen, britischen Zungenschlag als deftig-derbes Cockney-Englisch.

Ob es möglich wäre, ein Mädchen aus der Gosse die feine Sprache zu lehren und sie damit zu einer Lady zu machen? Der reiche Oberst Pickering, erfrischend quirlig gespielt von Bernhard Dübe, fordert den renommierten Phonetikprofessor zu einer Wette heraus, diese Verwandlung binnen sechs Monaten am Blumenmädchen Eliza auszuprobieren.

Eliza, die wiederum sich nichts sehnlicher wünscht als ein sauberes Zimmer mit Sofa und Bett sowie feine Dame mit eigenem Blumenladen zu sein, ahnt da noch nicht, wie hartnäckig und unkonventionell Professor Higgins an ihren Wurzeln sägen wird - und dass zur feinen britischen Gesellschaft mehr als nur die richtige Aussprache gehört.

Es war ein turbulentes wie charmantes, romantisches wie lustiges Musical, das die Kammeroper Köln unter Regie von Lajos Wenzel und musikalischer Leitung von Inga Hilsberg mit nach Sankt Augustin gebracht hatte. Buch und Liedtexte hatte Alan Jay Lerner nach dem Buch "Pygmalion" von George Bernhard Shaw entwickelt.

Statt Londoner Cockney-Englisch wählte Übersetzer Robert Gilbert den Berliner Dialekt, der für rheinische Ohren vielleicht fremd klang, aber im Musical zugunsten der feinen Sprache an Gewichtung verlor. Nicht nur das feine Pferderennen in Ascot und die High Society bekamen ihr Fett weg, auch ein leiser Seitenhieb auf den Limburger Bischof durfte nicht fehlen.

Dass die Aula des Rhein-Sieg-Gymnasiums seit Monaten bereits ausverkauft war, verwunderte bei dem mit ausgiebigem Applaus gewürdigten Gastspiel der Kammeroper, die ihr hervorragend begleitendes Orchester aus Platzgründen neben dem Publikumsrang hatte unterbringen müssen, daher nicht.

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