"Nichts versäumt"-Tour Nena feiert Tournee-Auftakt in Düsseldorf

DÜSSELDORF · Zum 40-jährigen Bühnenjubiläum feiert Nena mit Familie und 5500 Fans in Düsseldorf ihre größten Hits. Nur auf einen muss das Publikum gut zwei Stunden warten.

Es gibt Konzerte, da warten alle nur auf ein einziges Lied. Weil es das schönste, das beste, das bekannteste ist. Oder weil es eins ist, das Geschichte schrieb. Im Fall von „99 Luftballons“ trifft all das zu. Es erschien im Januar 1983 als Single, gelangte auf Umwegen in die USA, wurde dort zum Riesenverkaufschlager und eroberte auch den Rest der Welt. Montagabend in der Mitsubishi Electric Halle ist es um 22.48 Uhr soweit. Nach rund zwei Stunden, beim letzten Stück vor dem Zugabenteil, erklingt endlich: „Hast du etwas Zeit für mich…“.

Früher trugen Großmütter silbrige Dauerwellen, geblümte Blusen und Schuhe mit Kreppsohlen. Heute tragen sie schwarze Mähne, zum Top eine hautenge Lederhose und Sneakers mit hohem Schaft. Alle? Nein nicht alle tun das. Aber wenn sie so jung geblieben sind wie Nena, schon. Derzeit feiert die 58-Jährige, dass sie in 40 Jahren auf der Bühne „Nichts versäumt“ hat. Beim Auftakt zur gleichnamigen Tour feiern 5500 Fans in Düsseldorf ausgelassen mit.

Hier bleibt alles in der Familie. Bei der Dreifach-Oma mit der Lizenz zum Abhotten singen Tochter Larissa und Sohn Sakias im Backgroundchor, das Abscannen der Halle bestätigt, dass Hits wie „Nur geträumt“, „Vollmond“ oder „Leuchtturm“ Erbgut sind. Nena kennt ihren Nimbus. Sie kokettiert damit. Wenn sie in „Berufsjugendlich“ vom letzten Studioalbum „Oldschool“ (2015) singt: „Die Alte macht auf hip“. Oder wenn sie vor „Strangers“ aus ihrer Zeit als (noch englischsprachige) Sängerin der Band „The Stripes“ (ab 1978) mutmaßt: „Da wart ihr ja vielleicht noch gar nicht auf der Welt“.

Die Songs aus Nenas Frühphase kommen frisch daher

Die Co-Großmütter im Publikum nehmen´s gelassen. Es geht ihnen nicht ums Erbenszählen, sondern darum, „Noch einmal“ die Ekstase zu spüren. Die von Anfang der 1980er, als jeder Abend im angesagten Ausgehviertel zum „Tanz auf dem Vulkan“ wurde, als Prinzen „Unerkannt durchs Märchenland“ zogen, um von jungen Frauen erobert zu werden, die lieber Piratinnen als Prinzessinnen sein wollten. Und hinterher trotzdem der Schmerz: „Rette mich“.

Es sind aber bei Weitem nicht nur die Songs aus der frühen Nena-Phase (bis 1987 war Nena eine Band, im Herbst 1989 startete deren Frontfrau ihre Solo-Karriere), die, umarrangiert, erstaunlich frisch daherkommen. Bisweilen dann auch mit einem Augenzwinkern. Etwa wenn sich Nena beim Intro zu „Satellitenstadt“ die kleine Taschenlampe von Markus ausleiht, um sie ein Weilchen in Erinnerung an die Neue Deutsche Welle brennen zu lassen.

Bei „Weißes Schiff“ (ebenfalls von „Oldschool“) darf Sohn Sakias zeigen, dass er auch solo eine schöne Stimme hat, beim Geständnissong „In meinem Leben“ nur zu Gitarrenbegleitung rührt Nena zu Tränen und zieht bei „Be My Rebel“ (jüngst als Duett mit Dave Stewart veröffentlicht) alle Rock-Register. Sie kann aber auch punkig, chansonartig und musicalhaft.

Nena - ein Mehr-Generationen-Projekt

Mit 25 Millionen verkauften Alben und durch die Dauerbefeuerung durch Präsenz in den Medien ist das Mehr-Generationen-Projekt Nena ein sehr erfolgreiches. Viele der 27 Stationen der „Nichts versäumt“-Tour durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und Luxemburg sind schon ausverkauft.

„Hast du etwas Zeit für mich….“. Wenn die legendären „99 Luftballons“ im Lied einmal mehr zum Flug ansetzen, sind es tatsächlich nur vier Ballons, die die Menschen im Innenraum gen Horizont pritschen dürfen. Auf den echten Luftballons steht das Wort „Love“, am Ende geht die eine Hymne in eine andere über: „Hey Jude“ von den Beatles. Furioses Finale. Alle singen mit. Und danach streben die meisten dem Ausgang zu. Der ersten Zeile der ersten Zugabe „Genau jetzt“, das Nena im Duett mit Tochter Larissa singt, haftet so etwas ungewollt Ironisches an: „Vielleicht ist es zu spät.“

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