125-jährigen Bestehen des Beethoven-Hauses Neue Töne in der Neunten

BONN · Jedes Konzert unter freiem Himmel bleibt ein Wagnis", begrüßte Tabea Zimmermann die 1000 Gäste, die zum sommerlichen Festkonzert aus Anlass des 125-jährigen Bestehens des Vereins Beethoven-Haus in den Arkadenhof der Bonner Universität gekommen waren.

 "Diesen Kuss der ganzen Welt!": Markus Stenz dirigiert das Bundesjugendorchester und den Philharmonischen Chor Bonn.

"Diesen Kuss der ganzen Welt!": Markus Stenz dirigiert das Bundesjugendorchester und den Philharmonischen Chor Bonn.

Foto: Horst Müller

Und augenzwinkernd fuhr die Vorsitzende des Vereins fort: "Wenn es um Beethoven geht, hilft dann nur beten und hoffen." Als die Idee zu dem Konzert geboren wurde, hatte man natürlich gehofft, diesen Abend unterm klaren Sternenzelt verbringen zu können, doch der aktuelle Blick in den Himmel ließ da bange Zweifel aufkommen.

Es war eine schöne Idee von den Veranstaltern, das Bundesjugendorchester (BSO) einzuladen, das immer noch seinen Verwaltungssitz in in der Beethovenstadt hat, wo es von dem kürzlich verstorbenen, früheren Bonner Generalmusikdirektor Volker Wangenheim mit gegründet wurde. Dass Markus Stenz, der bis zum Ende der abgelaufenen Saison Gürzenich-Kapellmeister in Köln war, einer der prominentesten Schüler Wangenheims gewesen ist, passte ebenso schön ins Bild wie die Tatsache, dass auch Tabea Zimmermann in ihren frühen Jahren am Bratschenpult des BSO saß.

Das Programm des Konzertes begann mit festlichen Bläserklängen von Giovanni Gabrieli. Zehn Blechbläser des Orchesters postierten sich dazu auf das für das Festkonzert errichtete Chorgerüst und ließen die wunderbar reinen Harmonien aus den Sacrae symphoniae im Arkadenhof erklingen.

Erst zu Felix Mendelssohn Bartholdys Ouvertüre zu Shakespeares Märchenkomödie "Ein Sommernachtstraum" betrat auch Dirigent Markus Stenz die Bühne. Man hörte schon an der geheimnisvollen Stimmung, an den Akkorden und dem fast gespenstischen Flirren des Holzbläser-Beginns, dass der Dirigent mit den jungen Musikern intensiv gearbeitet hatte.

Bei der Komposition des Werkes war Felix Mendelssohn Bartholdy in einem Alter, wo er selbst in dem Jugendorchester hätte spielen dürfen: Er war erst unvorstellbare 17 Jahre. Das Werk freilich reißt heute gerade wegen seiner Verbindung aus der jugendlicher Frische und einer ungeheuren handwerklichen Reife mit. Und diese Attribute zeichneten auch die Interpretation aus, in der noch in den stürmischsten Abschnitten auf die Feinzeichnung acht gegeben wurde, eine Interpretation, die den derben Eselruf ebenso lustvoll präsentiert wie den delikaten Elfenzauber.

In Joseph Haydns Sinfonie Nr. 30 in C-Dur mit dem Beinamen "Alleluja" gefiel nicht nur das mit Hingabe gespielte eröffnende Allegro, sondern vor allem auch das Andante mit seinem ausgedehnten Flötensolo, das vom Solisten des Orchesters mit schönem Ton, Wärme und bemerkenswerter Souveränität geblasen wurde.

Natürlich stand auch Beethoven auf dem Programm: Zum 125. Geburtstag des Hauses das op. 125, wie Zimmermann in ihrer Rede sagte. Also: Beethovens neunte Sinfonie, aus der man mit Unterstützung des Philharmonischen Chores Bonn das Chorfinale aufführte. Sogar eine kleine Überraschung hatte man beim Beethoven-Haus für die Aufführung vorbereitet: Denn erstmals überhaupt wurde der Satz in einer von den Wissenschaftlern des Hauses rekonstruierten Version gespielt, bei der das Kontrafagott einen prominenten Einsatz bekommt.

Dass man die Stelle, an der das Kontrafagott das Bass-Solo unisono begleitet, gleich zwei mal hören konnte, hatte wiederum mit dem Wetter zu tun. Denn Markus Stenz brach den Satz mit den Worten ab: "Meine Damen und Herren, nicht diese Tropfen." Er wollte nicht riskieren, dass der aufkommende Regen den Instrumenten schaden würde.

Erst nach mehr als einer halben Stunde Unterbrechung begannen Stenz, Chor, Solisten und Orchester den Satz erneut, und das Kontrafagott setzte zum zweiten Mal dazu an, den jungen Bariton Robert Elibay-Hartog zu begleiten. Man erlebte eine durchaus interessante Variante dieses Abschnittes, die sich wohl aber langfristig nicht durchsetzen dürfte.

Insgesamt dirigierte Stenz eine engagierte Aufführung mit einem sehr markant und differenziert aufspielenden Orchester, einem großartigen jungen Solistenensemble, dem neben Elibay-Hartog noch Marie-Pierre Roy (Sopran), Julia Spies (Alt) und Martin Rainer Leopoldt (Tenor) angehörten (auch er durfte sein mit Inbrunst gesungenes Solo zwei mal vortragen). Das Publikum bejubelte die Aufführung mit großer Begeisterung.

Dass dieses Jubiläumskonzert von der Deutschen Post, die durch Kommunikationschef Christof Ehrhart vertreten war, und dem Verleger des General-Anzeigers Hermann Neusser gefördert wurde, vergaß Tabea Zimmermann in ihrer Rede zu Beginn des Abends nicht zu erwähnen. Und auch nicht die Unterstützung durch den Bund und das Land Nordrhein-Westfalen.

Bundesjugendorchester

Das Bundesjugendorchester (BJO) ist das nationale Jugendorchester Deutschlands mit Sitz in Bonn. Es versammelt die talentiertesten Nachwuchsmusiker aus dem ganzen Land, die hier in mehreren Arbeitsphasen im Jahr mit renommierten Dirigenten zusammenarbeiten.

Die aktuelle Arbeitsphase leitet Kölns früherer Generalmusikdirektor Markus Stenz. Die aktuelle Tournee führt die jungen Musiker, die zwischen 15 und 19 Jahre alt sind, nach Italien und Tunesien.

Aus den Reden

In Vertretung für die Staatsministerin für Kultur, Monika Grütters, war Amtschef Günter Winands zum Festkonzert gekommen. In seiner Rede unterstrich er die weltweite Bedeutung Beethovens: "Wenn wir im Jahre 2020 Beethovens Geburtstag feiern, ist das nicht nur ein besonderer Jahrestag für Bonn, sondern für ganz Deutschland", sagte er. "Dass mit diesem Gedenken an den 250. Geburtstag Beethovens herausragende Chancen für die Kulturnation Deutschland im In- und Ausland verbunden sind, wird so expressis verbis sogar im Koalitionsvertrag gesagt." Dem Beethoven-Haus komme hier eine "ganz besondere Bedeutung zu."

Für das Land Nordrhein-Westfalen war Kulturministerin Ute Schäfer nach Bonn gereist. Sie nannte Beethoven in ihrer Rede den "berühmtesten Nordrhein-Westfalen" und kam ebenfalls auf 2020 zu sprechen. "Unser erklärtes Ziel ist es, dieses Beethoven-Jahr für Bonn, für Nordrhein-Westfalen und für Deutschland zu einem großen Ereignis zu machen", sagte die Ministerin.

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