Theaterensemble Remagen Nicht immer nur Shakespeare

REMAGEN · Zunächst gab es für das Publikum einige Stimmübungen - schließlich musste Zeit überbrückt werden. Denn das Theaterensemble war (angeblich) noch nicht komplett. Und ein Programm hatte es (scheinbar) auch nicht, weil die Akteure auf den Brettern, die auch in Remagen die Welt bedeuten, die Proben geschwänzt hatten.

 Es muss ja nicht immer Shakespeare sein, heißt es beim "Klassentreffen" in Remagen.

Es muss ja nicht immer Shakespeare sein, heißt es beim "Klassentreffen" in Remagen.

Foto: Martin Gausmann

Also galt es, zu improvisieren. Statt Shakespeare servierte man den Zuschauern deshalb eine bunte Palette vergnüglicher Sketche, die in Wirklichkeit natürlich bestens einstudiert waren. "Es muss nicht immer Shakespeare sein" lautete der Titel des Theaterensembles Remagen, das über das Wochenende drei mitreißende Abende in der Kulturwerkstatt bot.

Seit Februar probt die Truppe um Regisseur und Darsteller Sebastian Schmickler an dem aus vier Teilen bestehenden Stück, das zwar wie Improvisationstheater rüberkam, in Wahrheit aber das Ergebnis harter Proben war. Selten wurde ein (begeistertes) Publikum so mitgenommen, das im Verlaufe der Abende dann auch hin und wieder zum Mitakteur avancierte.

Zunächst entführte das sehr junge Ensemble ins Kino. Dort trafen sich zufällig Paare, die es in anderen Konstellationen in früheren Jahren gegeben hatte. Eine Frau trifft ihren Ex-Mann an der Seite der Neuen wieder, ein Homosexueller seinen früheren Mann, der nun aber mit einer Frau liiert ist, deren einstiger Ehemann allerdings zu allen Überfluss auch gerade den angekündigten Liebesfilm auf der Kinoleinwand anschauen will. Viele Geständnisse folgten im wilden Durcheinander, an dem das Remagener Publikum seine helle Freude hatte.

Das traf auch auf das "Klassentreffen" zu, wo ein früher als "Dickerchen" bezeichneter, etwas dumpfer Muskelprotz, auf einen angeberischen Börsenspekulanten, eine äußerst selbstbewusste Fotografin oder einen aus einem Kloster zurückgekehrten Bhagwanjünger trifft. Bei Bowle und Wein hagelt es bei der merkwürdigen und sehr turbulenten Wiedersehensfeier schlussendlich Beleidigungen wie auch Liebesbekundungen.

Viel schwarzen Humor bewiesen Darsteller wie auch Publikum beim Stück "Jetzt bist Du dran!". Ein bestellter Killer kommt, der aber zunächst aufgrund fehlender Routine versagt. Bestellt war er von der Familie, die sich aus Langeweile dieses makabre Freizeitvergnügen gönnt. Einer nach dem anderen soll sich dem "munteren" Spiel zufolge aus dem irdischen Dasein verabschieden.

Die "Opfer" nehmen es jeweils sehr gelassen - sie freuen sich gar auf die bestellten Killer, damit das "Spiel" endlich wieder weitergehen kann. Denn das ist erst dann der Fall, wenn das betroffene und von einer Kugel getroffene Familienmitglied zu Grabe getragen wird. Am Ende stellt sich allerdings heraus, dass alles ja nur ein böser Traum war. Alle leben, keiner kommt zu Schaden.

Das Finale wird mit einem "Arztbesuch" bestritten. Ein irrer und alles andere als kompetent erscheinender Mediziner soll einem Ehepaar, das bereits zehn Kinder hat, helfen. Eine Sterilisation steht auf dem OP-Programm. Klar, der Patient glaubt an Kastration, was wiederum zu zahlreichen Missverständnissen führt.

Die Ensemblemitglieder Sebastian Schmickler, Nico Kaden, Kevin Kurth, Elke Buschbaum, Vanessa Passe, Janine Thimm und Ramona Wolff sowie Lucas Agen (Technik) haben bei aller Wertschätzung für den großen Dramatiker und Lyriker aus Stratford-upon-Avon eines deutlich aufgezeigt: Es muss wirklich nicht immer Shakespeare sein.

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