Ragnhild Hemsing Norwegische Geigerin nimmt den Beethoven-Ring entgegen

BONN · In der globalisierten Klassik-Szene ist es nicht immer ganz leicht, einen Künstler regional zu verorten. Ob er aus China oder den USA stammt, ist seinem Repertoire kaum abzulesen. Die Norwegerin Ragnhild Hemsing stellt da eine der ganz seltenen Ausnahmen dar.

Natürlich: Auch sie hat schon mit 13 Jahren Mendelssohns Violinkonzert öffentlich aufgeführt, auch sie spielt Beethoven und Brahms. Dass sie am Samstag den Beethoven-Ring der Bürger für Beethoven entgegennehmen kann, hat aber auch wesentlich damit zu tun, dass sie sich ganz intensiv und mit unglaublicher Ausstrahlung der Musik ihrer Heimat widmet. Von Edvard Grieg über die Volksmusik bis zu Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts.

Die 1988 in der norwegischen Region Valdres geborene Musikerin erinnert sich noch sehr genau an das Konzert, das sie im vergangenen Oktober beim Beethovenfest im Stadtmuseum in Siegburg spielte. "Es war für mich schon ein ganz besonderer Abend", sagt sie. "Das Programm entsprach wirklich sehr meiner eigentlichen musikalischen Identität und meinem Profil als klassische Musikerin und als Interpretin norwegischer Volksmusik."

Diese beiden Identitäten Ragnhild Hemsings finden ihren Materie gewordenen Ausdruck in den Instrumenten, die sie spielt und auch an jenem Abend spielte: Da ist einmal die klassische Geige, vor allem aber auch die traditionelle, im 17. Jahrhundert entwickelte Hardangerfiedel, die sie nicht weniger virtuos beherrscht.

Sie liebt den feinen, silbrigen Klang des Streichinstrumentes, der den zusätzlichen frei schwingenden Resonanzsaiten zu verdanken ist. "Ich finde es sehr spannend, Stücke aus beiden Repertoiregebieten zu finden, die sich kombinieren lassen", sagt sie. Sie weiß, dass ihre Programme auf das Publikum zunächst ungewohnt wirken können.

"Es hat etwas Exotisches, wenn eine klassische Musikerin alte folkloristische Melodien spielt", sagt sie. "Aber dann wird das Publikum meist sehr neugierig und man will mehr davon hören."

Eigentlich hatte sie nie Probleme, ihr spezielles Repertoire bei Veranstaltern durchzusetzen, selbst die Plattenfirma Simax Classics, die ihr Debüt "Yr" herausbrachte, bewies Offenheit: "Sie waren ja froh, eine Künstlerin mit einem klaren, unverwechselbaren Profil gewonnen zu haben."

Ragnhild Hemsing ist mit beiden Musikrichtungen aufgewachsen, ebenso wie ihre ebenfalls Geige spielende Schwester Eldbjørg, mit der sie häufig zusammen auftritt. Zu sehen sind beide auch in ihrem 2011 entstandenen Dokumentarfilm über den Musiker Ole Bull, dessen Spuren das Geschwisterpaar bis nach Wien verfolgte.

Der 1810 geborene Bull hatte den Ruf eines norwegischen Paganini und ist eine zentrale Figur der Musikgeschichte des Landes. "Er war ein ungewöhnlicher Mensch mit Charisma und hohen Zielen", beschreibt Ragnhild Hemsing ihn. Wenn sie darüber spricht, spürt man in jedem Wort, wie sehr ihr die Musik ihrer Heimat am Herzen liegt.

Wenn die Geigerin nun am Samstag, 29. März, 19 Uhr, im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses den Beethoven-Ring entgegennimmt, wird sie sich mit einem Konzert bedanken - mit einem für sie typischen Programm: Zu hören sind das Solostück "Yr" von Lasse Thoresen, eine Romanze von Johan Severin Svendsen, traditionelle Melodien, aber auch Stücke von Beethoven und Richard Strauss. Am Klavier begleitet sie Tor Espen Aspaas.

Info

Karten in den Bonnticketshops der GA-Zweigstellen.

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