Flüchtlingsprojekt Öffnung hin zu einer anderen Kultur

Bonn · Protokoll einer Begegnung: Das Fringe Ensemble startet am Samstag mit Unterstützung des Katholischen Bildungswerks Bonn die Reihe „Un-Flüchtig“

 Schauspielerin Bettina Marugg in einer Produktion des Fringe Ensembles.

Schauspielerin Bettina Marugg in einer Produktion des Fringe Ensembles.

Foto: Lilian Szokody

Kein Theater. Das ist Bettina Marugg ganz wichtig. Das Projekt „Un-Flüchtig“, das das Fringe Ensemble im Theater im Ballsaal mit Unterstützung des Katholischen Bildungswerks Bonn realisiert und dessen erster Teil am kommenden Samstag gezeigt wird, soll ganz bewusst keine inszenierte und damit letztlich künstliche Bühnenwirklichkeit schaffen, sondern vielmehr das Leben von syrischen Flüchtlingen und Angekommenen skizzieren, mit all den großen und kleinen Problemen, denen diese Menschen in Deutschland immer wieder gegenüberstehen.

„Protokoll einer Begegnung“ nennt Marugg das Ergebnis, eine erste Öffnung hin zu einer anderen Kultur mit all ihren Sprach-, Denk-, Verhaltens- und Glaubensunterschieden. Eine Öffnung, an der nun auch das Publikum teilhaben soll. Wenn es sich darauf einlässt.

Im Mittelpunkt des Projekts, für das Marugg und Sonnhild Schietzel sich mit den beiden jungen Männern Bashar und Abdullah sowie der aus Nermeen, Mouaz, Rami und Karim bestehenden Familie auseinandersetzten, stand eine ganz einfache Frage: „Was braucht ihr eigentlich?“ Hilfe bei den Behörden mit ihrem Amtsdeutsch, klar. Aber auch beim Kauf von Alltagsgegenständen. „Wenn wir einkaufen waren, hat es oft einen Unterschied gemacht, dass wir dabei waren“, ist sich Marugg sicher.

Zudem ist das Bedürfnis nach Kommunikation offenbar sehr groß. Vor allem Bashar und Abdullah, die schon seit anderthalb beziehungsweise zwei Jahren in Deutschland sind, wollen erzählen. Etwa von ihrer Flucht. „Ich musste irgendwie 4000 Dollar zusammenbekommen, habe sogar mein Motorrad verkauft und wusste doch nicht, ob ich dann überhaupt mit dem Flugzeug nach Tunesien fliegen durfte“, erzählt Abdullah über die erste Station seiner einmonatigen Reise. Er und Bashar werden an dem Abend häufiger zu Wort kommen, erklärt Marugg. Bei der Familie, die erst vor Kurzem in Deutschland angekommen ist, sei dies aufgrund der Sprachbarriere schwieriger. „Aber auch sie öffnen sich und haben gerade in den letzten Tagen Vorschläge gemacht, wie sie sich einbringen können.“

Darüber hinaus liegt es bei Marugg und Schietzel, den gemeinsamen Erlebnissen mit den sechs Syrern eine Form zu geben. „Wir haben mit ihnen gekocht, haben sie begleitet, haben mit ihnen gespielt und vor allem viel geredet“, sagt Schietzel. „Wir wussten am Anfang überhaupt nicht, was sich daraus ergeben würde“, fügt Marugg hinzu, „das hat für mich ja den Reiz des Projekts ausgemacht. Wir wollten ganz bewusst nicht den Druck erzeugen, dass am Ende ein Stück auf der Bühne zu sehen sein muss.“

Was ja auch nicht der Fall sein wird. Stattdessen soll der Abend eine Dreiteilung haben: eine Art Ausstellung mit Fotos von den Handys der Syrer, dann eine Erzählsituation und zum Schluss, nach Auflösung der Bühne, eine Möglichkeit zum offenen Dialog mit allen Beteiligten. So wird das Protokoll einer Begegnung selbst zu einer Begegnung.

Mit dem Abschluss des Abends ist das Projekt aber noch lange nicht beendet. Was auch immer das heißen mag. „Wir werden auf jeden Fall den Kontakt mit Bashar, Abdullah und der Familie aufrechterhalten, egal was geschieht“, sagt Marugg. „Für die Teile 2 und 3, die wir im April beziehungsweise Juni im Theater im Ballsaal zeigen wollen, gibt es aber noch kein Konzept. Nur Ideen. Wir könnten zum Beispiel filmisch arbeiten oder uns einmal intensiv den Themenkomplexen Religion oder Frauen widmen, was jetzt im ersten Teil noch schwierig geworden wäre. Wir sind da völlig offen.“ Und genau darum geht es ja letztlich.

Termin: Samstag, 13. Februar, 18 Uhr, Theater im Ballsaal. Der Eintritt ist frei – jeder zahlt, was er möchte.

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