Sportfreunde Stiller auf dem KunstRasen Ohrwurm im Tor

Bonn · Applaus, Applaus: Sportfreunde Stiller mit bester Laune vor jubelnden Fans auf dem KunstRasen.

Gerade ist fußballfreie Zeit, Pause bis zu den EM-Viertelfinalspielen am Wochenende – von wegen! Zumindest nicht musikalisch. Auf dem KunstRasen erschallen lautstark Fangesänge, die den Traum vom Pokal für Deutschland in relativ schlichte, aber dafür umso massentauglichere Worte kleiden.

Wie könnte es auch anders sein, immerhin sind die Sportfreunde Stiller spätestens seit „54, 74, 90, 2006“ beziehungsweise der korrigierten Fassung mit „2010“ die inoffizielle Fußball-Nationalband der Bundesrepublik und, wie schon der Bandname unschwer erkennen lässt, völlig verrückt nach dem Leder, das für so viele die Welt bedeutet.

Also stürmt das Trio denn an diesem erfreulicherweise sonnigen Dienstag heran, mit Leidenschaft in der Stimme (und angesichts der statischen Bühnenshow zu Beginn mit Müdigkeit im Bein), während die Südost-Kurve mit den rund 3500 Sporti-Anhängern begeistert „Applaus, Applaus“ spenden. Selbst wenn es mal nicht so ganz rund läuft.

Zumindest sind die Sportis von Anfang an präsent, obwohl das Konzert in Bonn eines der ersten nach einer längeren Live-Pause ist, in der Peter Brugger, Florian Weber und Rüdiger Linhof ein neues, bislang noch unbetiteltes Album aufgenommen haben. Verständlicherweise hakt es noch an der ein oder anderen Stelle beim Zusammenspiel, bei Song-Pässen und Abschlüssen, andererseits weist etwa das noch unverbrauchte „Raus in den Rausch“ schon den gewohnten Ohrwurm-Charakter auf, was beim Publikum sehr gut ankommt.

Meister der Herzen

Schlichter Party-Rock geht eben immer, zumal die Sportis schon immer ein Händchen für griffige Hooks hatten. Und eine Schwäche für extrem flache Texte, die sich zuletzt beim Album „New York, Rio, Rosenheim“ zu oft überdeutlich manifestiert hatte und inzwischen mit extrem nervigen Disco-Beats und dem ohnehin schon immer wackeligen Gesang musikalisch gedoppelt wird.

Dem Publikum ist das egal. Hauptsache, man kann kollektiv mitsingen und ab und zu mal springen. Was spätestens dann der Fall ist, als endlich die Fußball-Nummern kommen. Darunter, ganz aktuell, „‘72, ’80, ‘96, 2016“. Vielleicht klappt es ja zum zweiten Mal mit dem Song-Orakel. Meister der Herzen sind die Sportis angesichts jubelnder Fans auf jeden Fall schon jetzt.

Mangelnde Kreativität

Zuvor hatten neben den Steaming Satellites schon Madsen Vollgas gegeben. Die Deutschrocker hatten 2010 noch bei der RheinKultur vor rund 60.000 Zuschauern gespielt, jetzt reichte es eben nur für das Vorprogramm. Nicht ganz zu Unrecht: Auch wenn das von Vorfreude erfüllte Publikum die Band rund um die drei namensgebenden Madsen-Brüder bejubelte und feierte, die enthusiastisch ihren direkten harten Rock zelebrierten, enttäuschten die Songs doch bei objektiver Betrachtung dank mangelnder Kreativität und dem Schuljungengejaule von Frontmann Sebastian.

Der Versuch, zwischen Anleihen bei Weezer, Green Day, den Toten Hosen und den Beatsteaks keinen Schiffbruch zu erleiden, konnte so nur deswegen gelingen, weil die treue Publikumsmannschaft jedes „oo-oo“ begeistert mitsang und sich herrlich aufpeitschen ließ. Fürs Finale reichte so eine Leistung dennoch nicht. Nur für die Vorrunde.

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