Amy Macdonald bis Zucchero Open-Air-Konzerte bei sechster Auflage von Kunst!Rasen

BONN · Am 22. Juni startet das Bonner Festival „Kunst!Rasen“ mit einem Konzert des britischen Sängers Passenger in die sechste Saison. Beim Auftritt von Andreas Bourani am 30. Juni werden mehr als 8000 Besucher erwartet.

Wohnwagen und Windmühlen, viel Käse und mittelmäßiger Fußball: Die holländischen Nachbarn müssen traditionell die aberwitzigsten Klischees ertragen. Und es reißt nicht ab. „Lekker Strand und lekker Meisje / Lekker Chocomel und Vla“ singen beispielsweise die Rapper Daniel „Shneezin“ Schneider und Mike Rohleder mit ihrem Duo 257ers aus Essen. Und heben an zum bilingualen Refrain: „Lekker neuken op de Wallen zonder te betalen / Holland is die geilste Stadt der Welt“. Das Album „Mikrokosmos“ mit dem Lied über die „geile Stadt Holland“ eroberte im vergangenen Jahr den ersten Platz der Charts. Natürlich nur in Deutschland.

„Die 257ers sind unser Angebot an die jüngere Generation“, sagt Ernst-Ludwig Hartz. Der Bonner Konzertveranstalter organisiert seit fünf Jahren in den Sommermonaten das Festival Kunst!Rasen im Schatten des Langen Eugen. Fünf Jahre sind kein richtiges Jubiläum, trotzdem lässt sich die Bilanz sehen. Weltstars wie Carlos Santana, Bob Dylan, Patti Smith und Lou Reed haben auf dem Bonner Grün gespielt. Seit 2012 wurden knapp 200.000 Besucher gezählt.

Die Künstler lieben den schönen Platz am Rhein, vereinzelte Beschwerden über Lärm sind verstummt, der Vertrag mit der Stadt wurde bis ins Jahr 2021 verlängert. Das Programm für die sechste Saison steht, mehr als 25 000 Tickets sind bereits verkauft worden. Kein Grund zur Klage also.

Ernst-Ludwig Hartz sitzt in seinem Büro in Rüngsdorf, rührt im Kaffee und lässt sich keinerlei Stress anmerken. Als regionaler Veranstalter hat er gerade die Frühjahrssaison mit rund 25 eigenen Club- und Hallenkonzerten in Köln und Bonn abgeschlossen, jetzt geht es an den organisatorischen Feinschliff des Festivals. Bühnenaufbau, Hotelbuchungen, Sicherheitskonzept. Viele Aktivitäten laufen auf Autopilot, wie es scheint.

Und doch: Die Gestaltung eines Festivalprogramms ist ein permanenter Kraftakt – und unterliegt sehr speziellen Gesetzmäßigkeiten. Welche Künstler sind wann und wo auf Tournee? Bringen sie ein neues Album mit? Passt die Gage? Im vergangenen September beispielsweise besuchte Hartz in Berlin die Agentur von Andreas Bourani. Der Sänger plante ein paar Sommershows für 2017, allerdings ohne neues Album. „Ich habe trotzdem zugesagt – und lag richtig“, konstatiert der Veranstalter. „Wir erwarten auf dem Kunst!Rasen mehr als 8000 Besucher.“

Passenger, Brings und Sarah Connor kommen als Wiederholungstäter nach Bonn. Auch dafür gibt es Gründe. Passenger spielt erstmals mit Band, Connor hat von ihrem aktuellen Album „Muttersprache“ mehr als eine Million Exemplare verkauft – und Brings geht immer.

Hartz befand sich schon kurz vor Vertragsabschluss mit Superstars wie Sting, Billy Talent und Van Morrison. Es kam anders: Sting entschied sich für einen alternativen Verlauf seiner Konzertreise. Bei der kanadischen Top-Band Billy Talent kollidierte der Termin mit einer Großveranstaltung in der Rheinaue. Und der irische Sänger Morrison entschloss sich kurzfristig, 2017 doch nicht auf Deutschlandtournee zu gehen. Veranstalterpech.

Veranstalterglück dagegen ist, dass der französische Klangkünstler Jean Michel Jarre seine Gerätschaften in Bonn aufbauen wird. Jarre hat vor den Pyramiden von Gizeh und in der Verbotenen Stadt in Peking gespielt, jetzt also die Gronau mit Blick aufs Siebengebirge. Der Italiener Zucchero hat im März fünf Mal 20 000 Fans in der Arena di Verona beglückt, dann Australien und Japan bereist. Auch die Band Kensington verdient sich ihre Vorschusslorbeeren: Ihre fünf Konzerte im November 2017 mit jeweils 17 000 Besuchern im Ziggo Dome Amsterdam sind seit einem halben Jahr ausverkauft. Kensington stammt nicht etwa aus einen Stadtteil von London, sondern aus Utrecht – einer geilen Stadt in Holland.

Auch die klassische Klientel kommt auf ihre Kosten: Beim eintrittsfreien Klassik!Picknick fraternisiert die U-Musik mit der E-Musik, das Beethoven Orchester spielt in diesem Jahr eingängige Werke von Verdi, Rossini und Puccini. „Bei gutem Wetter kommen fast 4000 Besucher, die mit ihren Picknickkörben das Gelände entern und der Musik lauschen“, sagt Orchesterdirektor Michael Horn. Und bei Regen spannen sie den gleichnamigen Schirm auf.

Langfristige Planung ist alles in diesem Gewerbe. Und so verhandelt Hartz bereits mit den ersten Künstlern für das kommende Jahr. Dabei ist Vorsicht geboten: Vom 14. Juni bis zum 15. Juli 2018 findet in Russland die Fußball-WM statt. „Manchen Künstler wollen deshalb erst nach dem WM-Finale auf Tournee gehen“, weiß Hartz.

Vier Jahre später stellt sich das Problem kaum: Bei der WM 2022 in Katar laufen die Spiele im November und Dezember. Falls das arabische Emirat überhaupt Austragungsort bleibt.

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