Bekenntnis unterm Birnbaum Oper: Tamás Tarjányi und Thomas Wise

Anfang des 20. Jahrhunderts trafen an der Königlichen Musikakademie von Budapest zwei Komponisten aufeinander, die für die ungarische Volksmusik eine ähnliche Bedeutung haben sollten wie die Gebrüder Grimm für die deutschen Märchen: Béla Bartók und Zoltán Kodály sammelten Tausende Weisen slawischer Völker, phonographierten und transkribierten sie systematisch oder nutzten sie als Grundlage für eigene Kompositionen.

Tenor Tamás Tarjányi und Pianist Thomas Wise haben das Wirken dieser beiden nun in einem brillanten Liederabend aus der Reihe "Oper Xtra" in den Mittelpunkt gestellt. Volks- und Kunstlieder über Jahreszeiten und einen Birnbaum ("Körtéfa") reihten sich im Foyer der Bonner Oper an komplexe Klavierstücke, "Tänze in bulgarischen Rhythmen" trafen auf den Sekler "Langsamtanz" (der eigentlich eine Bitte an Gott ist, das zehnte Gebot außer Kraft zu setzen). Dazu flochten Tarjányi und Wise Werke von Zeitgenossen der Ungarn ein: Franz Liszt, Ödön Mihalovich, Gustav Mahler.

Auch der etwas ältere Franz Schubert war mit seiner "Ungarischen Melodie" vertreten - und mit zwei Liebesliedern, die den zweiten Schwerpunkt des Abends ausmachten. Musikalisch war der Abend auf hohem Niveau: Tarjányi zeigte bereits zu Beginn, dass er auch durchaus auf eine instrumentale Begleitung verzichten und ein melancholisches Volkslied auch a cappella gekonnt vortragen kann. Wise gab darauf mit dem wunderbar gefühlvollen Spiel von Bartóks "Drei ungarische Volkslieder aus Csik" eine entsprechende Antwort.

Dabei zeichnete sich auch das gemeinsame Musizieren durch ein harmonisches Miteinander aus, das nur dann in eine Art Wettstreit eintrat, wenn dies wie im Mittelteil von Mihalovichs "In der Mondnacht" auch gefordert wurde. Ansonsten hält sich Wise sehr zurück, lässt Läufe dezent aus dem Flügel perlen oder sorgt für bedächtige Haltetöne, über denen Tarjányi seine auf Verzierungen verzichtenden Gesang ausbreiten kann.

Höhepunkt des Abends ist dennoch eine Solo-Leistung von Wise: Seine Interpretation von Kodalys "Marosszéker Tänzen" mit dem ständigen Wechsel zwischen düster-bedrohlichen und verspielt-tempohaften, teils auch filigranen Passagen sorgte für große Begeisterung bei dem Publikum.

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