Theater Ballsaal Bonn Organspende-Stück "staying alive" der Regisseurin Barbara Wachendorff

Bonn · Die Regisseurin Barbara Wachendorff inszeniert kein banales Betroffenheitstheater. Das hat sie bewiesen mit ihrem auch in Bonn gezeigten Stück "Ich muss gucken, ob ich da bin" mit demenzkranken Menschen, das ihr eine Nominierung für den Theaterpreis "Faust" einbrachte.

In ihrem neuen Projekt "staying alive", das im Mai am Kölner Freien Werkstatt Theater herauskam und am Samstagabend im Bonner Theater im Ballsaal zu Gast war, geht es um Organtransplantation. Ein eher nüchternes Thema, ein bisschen verrufen durch Wartelisten-Skandale und kriminelle Organhandels-Praktiken.

Eine Waschmaschine und ein Kühlschrank markieren auf der Bühne die technische Wirklichkeit von Blutwäsche und kurzer Haltbarkeit postmortal lebendiger Organe. Schnell muss es gehen, wenn frisches Spendermaterial zur Verfügung steht. Die Profi-Schauspieler Philipp Engelhardt und Sindy Tscherring verkörpern die zwei Seelen in der Brust des Chirurgen Dr. Schneider, der ständig entscheiden muss zwischen Tod und Leben.

Mit weißen Sitzpolstern fast erdrückt wird der hilflose Arzt in einer Szene von den drei Patientinnen, die verzweifelt auf Leber und Nieren warten. Es sind Betroffene, die sich selbst spielen. Expertinnen wie die übergewichtige Schülerin Luci Löffler, die schon 33 Operationen hinter sich hat und endlich ein ganz normales Leben ohne Dialyse-Schläuche führen möchte. Oder die Krankenschwester Petra Schmidt, die um ihren Arbeitsplatz bangt und sich wegen der hohen Behandlungskosten einen zähen Kampf mit ihrer Krankenkasse liefert.

Die Inszenierung, am Schlagzeug begleitet von Simon Camatta, zeigt die Dauer-Konfrontation mit dem Tod mit trotzigem Humor. Es darf gelacht werden beim Mediziner-Rap und bei Leberwurst mit Herzklopfen. Auch Lebendspenden sind möglich. Schirmherr der Produktion ist Frank-Walter Steinmeier, der seiner Frau eine Niere spendete.

Nach der Vorstellung lagen am Ausgang Organspenderausweise bereit. Eine schlichte Werbung dafür ist "staying alive" nicht. Nur eine nachdenkliche, sorgfältige Auseinandersetzung mit einem heiklen Stoff zwischen Tabu und Aufklärung.

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