Bonner Tanzfestival Orpheus' Blick zurück in den Spiegel

Bonn · Das internationale Tanzfestival „Into the Fields“ verwischt die Grenzen zwischen Tänzern und Publikum. Die spannende Reihe startet am Donnerstag mit der Aufführung von "What About Orfeo" im Theater im Ballsaal

 Szene aus „Black Out“ – am 26. Februar im Ballsaal.

Szene aus „Black Out“ – am 26. Februar im Ballsaal.

Foto: Philippe Weissbrodt

Im Theater im Ballsaal und in der Brotfabrik startet heute das internationale Tanzfestival „Into the Fields“. Kuratiert von Dramaturg Rainald Endraß und seiner Ehefrau Rafaele Giovanola von der Tanzcompagnie Cocoon Dance werden bis zum 19. März zwölf Produktionen aufgeführt, in denen die klassische Raum- und Rollenverteilung zwischen Publikum und Tänzern aufgehoben werden soll.

Unterstützt wird das Festival von der NRW-Mittelzentrenförderung – ein großer Vorteil, wie die Organisatoren finden, denn die Finanzierung ermögliche künstlerische Freiheiten: „Wir können uns ganz darauf konzentrieren, dem Publikum neue Erfahrungen und Blickwinkel zu ermöglichen“, erklärt Endraß dem General-Anzeiger. „Wir veranstalten kein kommerzielles Festival. ‚Into the Fields‘ muss kein Event und kein Mainstream sein, und es muss auch nicht unbedingt jedem gefallen.“

Diese künstlerische Freiheit spiegelt sich im Konzept der heutigen Eröffnungsveranstaltung wieder: Angelehnt an die Orpheus-Sage experimentiert „What about Orfeo“ (Cocoon Dance) mit der Wahrnehmung des Publikums, das die Tänzer während der Aufführung in zahlreichen Spiegeln beobachten wird, die an Decken und Wänden installiert sind oder in der Hand gehalten werden. „Diese häufigen Wechsel der Blickrichtung schärfen die Wahrnehmung des Zuschauers und ermöglichen ein völlig neues Seherlebnis“, betont Giovanola. Der passive Raum des Publikums werde durch die optische Interaktion mit den Tänzern aufgehoben.

Noch einen Schritt weiter geht die Produktion „Swarm Sculpture“, die an diesem Samstag und Sonntag im Künstlerforum Premiere feiert. Dort wird es nicht nur einen visuellen Austausch zwischen Tänzern und Zuschauern geben, sondern eine Choreografie, die das Publikum aktiv durch die Ausstellungsräume des Künstlerforums führen wird. Der genaue Ablauf des Stückes, inszeniert von Lucy Suggate, die tänzerisch bereits auf dem letztjährigen Bonner Tanzsolofestival beeindruckte, ist jedoch selbst den Kuratoren von „Into the Fields“ bis zur Uraufführung nicht bekannt – ein erneutes Indiz für die kreative Freiheit und insbesondere das Vertrauen, das den Akteuren und Tänzern entgegengebracht wird. „Wir kennen das Talent unsere Leute eben“, so Endraß. „Into the Fields“ verspricht ein Spektakel zu werden mit außergewöhnlichen Erfahrungen und erstaunlichen Perspektiven auf den zeitgenössischen Tanz. Weitere Höhepunkte des Programms bilden „Black Out“, das den Zuschauer mithilfe eines Podestes aus der Vogelperspektive auf die Tanzenden blicken lässt, oder „Rockaby“, eine tänzerische Adaption des Kurzstückes von Samuel Beckett. „Ego“ lässt die Besucher gar Karaoke singen.

Der Dialog zwischen Künstlern und Publikum zieht sich als roter Faden durch die Veranstaltung und betont deren experimentellen, nicht-kommerziellen Charakter. Das aktuelle Festival ist allerdings die vorerst letzte Ausgabe des Künstlerprojektes. Ob „Into the Field“ weiterhin von der NRW-Mittelzentrenförderung finanziert wird, entscheidet sich laut den Organisatoren erst Mitte des Jahres.

Programm (Auswahl): 18., 19., 20.02., 20 Uhr: What about Orfeo, Theater im Ballsaal - 20.02., 18 Uhr; 21.02., 11 Uhr: Swarm Sculpture, Künstlerforum - 26.02., 19:30 und 21 Uhr: Black Out, Theater im Ballsaal. Weitere Informationen unter: www.bonn-dance.net

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