August Schrader alias Andreas Dorn aus Uedorf Orthopädischer Strumpf wird zum Räuber

BORNHEIM-UEDORF · Sein langjähriger Bandchef Guildo Horn pflegte ihn bei den "Orthopädischen Strümpfen" auf der Bühne gerne als den "westfälischen Saftschinken aus Steyerberg" vorzustellen. Dabei ist das eigentlich der Name seines Opas, der August Schrader hieß und aus Steyerberg kam.

 Jeck mit Fender: Andreas Dorn alias August Schrader ist ein ungemein vielseitiger Musiker und ab August Mitglied der kölschen Mundartband "De Räuber". Er wohnt in Bornheim-Uedorf.

Jeck mit Fender: Andreas Dorn alias August Schrader ist ein ungemein vielseitiger Musiker und ab August Mitglied der kölschen Mundartband "De Räuber". Er wohnt in Bornheim-Uedorf.

Foto: Mario Quadt

Nur zum Spaß hatte Andreas Dorn sich einmal so am Telefon gemeldet. Doch jetzt wird aus dem "westfälischen Saftschinken" ein waschechter Kölner. Denn der in Bornheim-Uedorf lebende Dorn wird ab dem kommenden Monat Mitglied der Kölner Mundartgruppe "Die Räuber", die mit Liedern wie "Denn wenn et Trömmelche jeit", "Op de Maat" oder "Schau mir in die Augen" karnevalistische Evergreens geschaffen hat.

In seinem Garten erzählt der Vollblutmusiker, dessen Nase ein wenig Sonne abbekommen hat, von seinen Plänen. Die Sonne hat den Gitarristen, Musiker, Komponisten und Produzenten auf Norderney und Juist erwischt. Zum Arbeiten, nicht der Erholung wegen, weilte er auf den Nordseeinseln, um zusammen mit Sänger Purple Schulz ("Verliebte Jungs", "Sehnsucht") Konzerte zu geben. Insgesamt 80 Gigs stehen in diesem Jahr für das Duo im Kalender.

Wie korrespondiert das mit dem künftigen Engagement im Karneval? "Sehr gut sogar", berichtet Schrader im Gespräch mit dem GA. Denn die Kultgruppe "De Räuber" gewährt außerhalb der Session satte dreieinhalb Monate garantierte freie Zeit - nicht am Stück, sondern aufs Jahr verteilt. "Für mich ist das ideal", findet der 50-Jährige. Dann bleibe ihm Zeit, sich seinen anderen Projekten zu widmen.

Mit Guildo Horn beim Grand Prix d'Eurovision de la Chanson

Und davon gibt es reichlich, denn der gebürtige Niedersachse, der mit fünf Jahren in den Köln/Bonner Raum zog, ist "stilistisch breit aufgestellt", wie er sagt. In Klamotten aus dem Secondhandladen - "Es sollte ja authentisch sein" - tourt er ab 1997 als einer der "Orthopädischen Strümpfe" mit Guildo Horn durch die Lande. Ein Jahr später gewinnt die bunte Truppe den deutschen Vorentscheid zum Grand Prix d'Eurovision de la Chanson (Eurovision Song Contest) und holt in Birmingham den mehr als achtbaren siebten Platz. "Den Grand Prix habe ich schon immer verfolgt - einfach ein schönes Ereignis", sagt Schrader. "Da gab es Käseigel, die Oma war dabei. Das war fast wie WM gucken", berichtet er mit Strahlen in den Augen. "Dann sitzt du selbst auf der Couch - mit Stefan Raab zusammen, der das Ding komponiert hatte."

Dabei wettert die Bild vor dem Auftritt reißerisch: "Darf dieser Mann Deutschland vertreten?" Horn durfte, und für ihn und seine Mannen hagelt es Preise: Goldene Stimmgabel, Echo, und Viva-Comet sind nur einige davon. Wegen seiner vielen Engagements ruht Schraders Mitgliedschaft indes bei den Strümpfen momentan. Doch auch fern ab der Strümpfe segelt er auf der Erfolgswelle. Eine Platinscheibe bekommt Schrader als Komponist für das Lied "Glück und Glas" im Peter-Maffay-Musical "Tabaluga".

Er ist 18, als er seine erste Schallplatte aufnimmt. Der damalige Produzent von BAP, Helmuth Rüssmann, steht überraschend - aufgrund eines Zeitungsartikels - in der Garage, die Schraders Band "Figo" als Proberaum dient, mit einem Kassettenrekorder unter dem Arm. Rüssmann hat gerade das BAP-Album "Für usszeschnigge" abgeschlossen, welches zweifach Platinstatus erreicht und 81 Wochen in den Charts verweilt.

"Wir wollen etwas rockiger sein als die Münchner Freiheit", beschreibt Schrader die musikalische Ausrichtung seiner Niederkassler Jugendband.

Vom Hobby zum Beruf

Musikvideos, die bei Viva und MTV laufen, kennzeichnen die Zeit mit seiner Band "Yah Yah". Parallel absolviert er eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Als dann die Möglichkeit kommt, mit den Strümpfen auf Tour zu gehen, ist aus einem Hobby endgültig ein Beruf geworden. Ein Beruf, an dem der 50-Jährige die Abwechslung liebt. Zu seiner Biografie gehört auch, dass er mit T. M. Stevens, der unter anderem mit James Brown, Miles Davis, Tina Turner oder Joe Cocker spielte, Metal-Funk abliefert. Mit Franco Parisi, Sänger seiner ersten Band, produziert er als Schrader@Parisi blitzsauberen akustischen Rock und Pop. Ein Vierteljahr lang tourt er als Vorgruppe von Jule Neigel durch Deutschland.

"Wir mussten Zugaben spielen - das ist für eine Vorband gar nicht schlecht", findet er. Der Weg ins karnevalistische Fach verläuft ausgerechnet über ein Kreuzfahrtschiff, auf dem er zusammen mit Purple Schulz als Musiker gebucht ist. Dort trifft er "De Räuber", die ebenfalls engagiert sind. Acht Jahre sind seitdem ins Land gegangen. Doch eines Tages schellt sein Telefon und die Räuber sind dran: "Ich sollte ein Konzert in Luxemburg spielen, da ein Bandkollege ausgefallen ist", verrät er. Dann habe er sich zweieinhalb Stunden Programm der Räuber anggehört. "Ich war verwundert, wie viele Lieder ich mitsingen konnte", sagt er und lacht verschmitzt.

Teil einer kölschen Kultband zu sein, hat Auswirkungen auf sein Leben. Der Vater eines 18 Jahre alten Sohnes ist während der jecken Session 2015/2016 bei 250 Auftritten zu hören. "Das sind mitunter sechs bis acht am Tag - an Weiberfastnacht zehn." Statt eines entspannten Einspielens ist flinke Fingerfertigkeit gefragt. "Das ist Schwerstarbeit, wirklich." Jeder Tag als Räuber ist minutengenau durchgeplant. "Sogar die Route, die wir fahren werden, ist vorgegeben. Und: Schrader weiß nicht nur bereits genau, wann es ihn ab dem Elften im Elften wohin verschlägt: "Auch die Buchungen für die übernächste Session 2016/2017 sind schon komplett abgeschlossen."

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