5. Ausgabe am 28. und 29. Juli Panama Open Air Festival 2017 in der Bonner Rheinaue

BONN · Das Panama Festival macht die Bonner Rheinaue am 28. und 29. Juli wieder zur Elektro-Hochburg. Die Veranstalter erwarten 30.000 Besucher.

Wir schreiben das Jahr 1994. In der Biskuithalle, dem angesagten Veranstaltungsort in der Siemensstraße, steigt die erste große Techno-Party Bonns, die „Rave World“. 13 Stunden mit Star-DJs wie Hooligan, Dick, Gary D und Miss Djax, dazu hochkarätige Live-Gruppen wie Raver’s Nature und Genlog.

Auch der Autor vergnügt sich in jener Nacht zwischen Trockeneisschwaden, Laserstrahlen und peitschenden Beats. 1994 erblicken außerdem Sandro Heinemann und Jan Markus Hoffmann das Licht der Welt. Was diese Vorgänge miteinander zu tun haben? Sie zeigen, dass Techno in Bonn alles andere als tot, sondern in einer neuen Ära angekommen ist.

Sandro Heinemann und Jan Markus Hoffmann sitzen in einem sonnendurchfluteten Büro in der Godesberger Allee. Kaffeemaschine, Kölschkästen mit Polsterung als Sitzhocker. Auf dem Couchtisch aus Treibholz liegen die Laptops der beiden Geschäftsführer von Rhein Events. Sandro und Jan, beide 23 Jahre jung, haben in kürzester Zeit ein Open-Air-Techno-Festival namens Panama etabliert, dessen Entstehungsgeschichte atemberaubend ist. Zur fünften Ausgabe, die am 28. und 29. Juli in der Rheinaue durchstartet, werden 30.000 Besucher erwartet. „Wir haben uns dem Kommerz entsagt und den Techno-Schlager entsorgt“, beschreibt Jan die Neuausrichtung. „Der musikalische Anspruch ist höher.“

Alles begann als Party auf der Wiese vor dem rechtsrheinischen Haribo-Schiff, die dann als Element für elektronische Musik in das Programm von „Rhein in Flammen“ aufgenommen wurde. Im vorigen Jahr wandelte sich Panama in ein eigenständiges, zweitägiges Festival, das auf Anhieb 27.000 Besucher anzog. Besonderheit in diesem Jahr: Erstmals darf in der Bonner Rheinaue an den beiden Panama-Tagen gezeltet werden – und zwar auf einer Wiese am Rande des Parks, nahe der Solar-World-Zentrale.

„Panama bedeutet nicht nur Bumm-bumm-bumm“

Für die beiden Veranstalter ist das eine Art Ritterschlag; sie sehen ihr Festival jetzt als vollwertig an. „Es bekommt dadurch für uns noch einmal eine ganz andere Atmosphäre – und es entsteht auch ein größerer Einzugsbereich für unser Publikum“, erklärt Jan. Allerdings wird das Camping auf 1000 Nutzer begrenzt: „Wir wollen die Belastungen für die Anwohner auf ein Minimum beschränken“, sagt Sandro.

Der Bonner Konzertveranstalter und Brückenforum-Pächter Jürgen Harder erkannte vor fünf Jahren das Talent der beiden Gymnasiasten und nahm sie unter seine Fittiche. Im Mai dieses Jahres haben Sandro und Jan ihre BWL-Studiengänge abgeschlossen. Ihr Team von Rhein Events besteht aus insgesamt sechs Personen. Als neues Logo für das Panama-Festival fungiert ein stilisierter Schmetterlingsflügel, der Freiheit, Schönheit und Natur verkörpert.

Und das Motto des Festivals auf der Großen Blumenwiese setzt sich aus den Begriffen Techno, Sonne und Liebe zusammen. „Panama bedeutet nicht nur Bumm-bumm-bumm“, räumt Jan mit einem hartnäckigen Vorurteil auf. „Bonn hat mit der Rheinaue einen wunderschönen Park, die verschiedenen Areas des Festivals werden liebevoll geschmückt – unsere Tropical Stage zum Beispiel mit Palmen und Bambusmatten.“ Sandro ergänzt: „Panama lebt von der Atmosphäre, vom friedlichen Feiern. Und Techno ist wesentlich vielseitiger, als viele denken.“

Zu den bekannten DJs, die diesmal bei Panama an den Reglern stehen, zählt neben Felix Kröcher und Fedde Le Grand etwa Ben Klock, Resident-DJ im legendären Berliner Technoclub Berghain. „Auch auf Cheat Codes sind wir ziemlich stolz“, erläutert Sandro. „Wir versuchen, Künstler mit Potenzial möglichst früh zu buchen – das ist uns in der Vergangenheit etwa mit Felix Jaehn und Lost Frequencies gelungen, die dann sogar den Echo gewonnen haben.“

Zwei weltweit respektierte Live-Elektroniker sind Kink und Stephan Bodzin aus Bremen, der für seine energiegeladenen Darbietungen bekannt ist. Der Anteil der live operierenden Künstler ist deutlich gestiegen; insgesamt treten an den zwei Veranstaltungstagen 60 DJs und Ensembles auf. „Wir verstehen uns als Szene-Festival, aber wir haben natürlich auch DJs dabei, die in den Charts vertreten sind.“ Wie in kaum einer anderen Musikszene wird in der Techno-Gemeinde eben sehr scharf über Kommerz und Underground diskutiert – 1994 wie 2017.

Zirkuszelt, Schiffscontainer und Bretterbude

Wie im Vorjahr wird es wieder ein stattliches Zirkuszelt („Techno Circus“) geben, diesmal noch größer, und zwar als Viermaster. Da werden Erinnerungen wach an „Die Macht der Nacht“, die schrillen Düsseldorfer Partys eines gewissen Westbam und seines Bruders DJ Dick.

Eine weitere Bühne auf dem Panama Festival wird komplett aus Schiffscontainern errichtet, die von Graffiti übersät sind. Der Abräumer im Vorjahr war jedoch – die Bretterbude. „Das war die coolste Bühne, da haben die Leute am meisten abgefeiert“, erklärt Jan. „Also bleibt die Bretterbude! Wir lassen uns jetzt nur noch mehr für die Deko einfallen.“

Thema Sicherheit? „Wir werden den Eingangsbereich sehr akribisch kontrollieren“, kündigt Jan an. Außerdem gibt es einen doppelten Zaun um das Festivalgelände herum und ein Verbot für Taschen, die größer sind als das DIN-A4-Format.

Wenn es so etwas wie ein Vorbild geben sollte, dann blicken Jan und Sandro respektvoll in den Hunsrück zum dortigen Festival Nature One – ein Fixstern für Technofans aus ganz Europa, und das seit 1995. Zwischen Nature One und Panama gibt es durchaus einige Parallelen, auch wenn vor allem die technische Infrastruktur auf der ehemaligen US-Raketenbasis Pydna eine ganz andere ist.

Die Kombination aus großem, international relevantem Künstlerangebot, Techno-Beats unter freiem Himmel mitten in der Natur, zwischen grünen Hügeln und Gänsehaut-Atmosphäre – sie verbindet die beiden Festivals. Auf ihrem Wunschzettel für Panama 2018 haben die beiden 23-jährigen Partymacher aus Bonn übrigens zwei Techno-Veteranen stehen, denen 1994 wohl niemand auf den Raves zugetraut hätte, dass sie ein knappes Vierteljahrhundert später immer noch ihren Job machen: Sven Väth und Carl Cox.

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