Pantheon zeigt satirische Revue durch 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland

Politsatire, die lichterloh brennt - Rhetorik und Restalkohol

Bonn. "Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien", singen Hermann Schwaderlappen und Fritz Litzmann alias Norbert Alich und Rainer Pause zu Beginn einer satirischen Revue durch sechs Jahrzehnte Bundesrepublik Deutschland. Das herrliche Herrenduo moderiert den Abend und tritt im Wechsel mit vier Kollegen auf. Was Schwaderlappen und Litzmann selbstredend nicht davon abhalten kann, sich gehörig in die pomadierten Haare zu geraten.

Beispielsweise ereifert sich Litzmann angesichts der großen Wirtschaftskrise über den ungeklärten Verbleib diverser Parteikassen aus der jüngsten und jüngeren deutschen Geschichte. Was ist eigentlich mit der Parteikasse der SED? Und wenn wir schon einmal dabei sind: Wo ist das Geld der NSDAP? Später wird Schwaderlappen über Vor- und Nachteile der Herrschaftsform "Diktatur" sinnieren - und Litzmann zum König ernennen.

Als Thron fungiert ein Holzstuhl, der auf einem kleinen Tisch steht. "Das ist aber ganz schön wackelig, Hermann", meint Fritz beim Besteigen skeptisch. "Throne wackeln immer, Fritz", philosophiert Hermann. Peter Zudeick, freier Korrespondent mehrerer Rundfunkanstalten und Radiohörern bestens bekannt durch "Der satirische Wochenrückblick", gibt eben daraus köstliche Kostproben.

Verbale Bauchlandungen und rhetorische Lächerlichkeiten deutscher Politiker aus sechs Jahrzehnten, von Zudeick live als Audio-Track eingespielt und gewohnt scharfzüngig, süffisant und mit der nötigen Überheblichkeit kommentiert. Konrad Adenauer erklärt Links und Rechts in der Politik anhand des von ihm geliebten Boccia, ein wild gewordener Herbert Wehner agitiert, und Franz Josef Strauß redet sich um Kopf und Kragen mit einem aberwitzigen Rechenexempel aus aufgetürmten Tausend-Mark-Scheinen, verglichen mit der Höhe der Zugspitze.

Nach Zudeicks Ansicht ist jedoch die Rhetorik eines Helmut Kohl "unübertroffen". Beispiel: "Es ist kein Zufall, dass die Römischen Verträge in Rom geschlossen worden sind." Und Edmund Stoiber ("Ich weiß, was es bedeutet, Mutter von drei Kindern zu sein") wandelt auf den Spuren von Alfred Döblin und einer ermordeten Butterblume: "Ich hab mir überlegt, dass ich jeden Tag in den Garten schau und vielleicht eine Blume hinrichte." Matthias Reuter klimpert simple Läufe am Klavier und singt lausig über TV-Kultur und Fernsehtrends, am ehesten zieht noch das Lied über Terrorgefahr im ICE.

Nicht unbedingt innovativ, aber sehr frech und sehr gut zündelt Benjamin Eisenberg an der politischen Korrektheit herum, siehe Willy Brandts Kniefall in Warschau: "War's doch nur der Restalkohol vom Vorabend?" Den insgesamt sehr gelungenen BRD-Reigen beschließt der unnachahmliche Wilfried Schmickler, der als Berlin-Korrespondent eine gigantische bundesdeutsche Geburtstagsparade kommentiert. Ungeheuer schnell, bissig und bösartig: Das ist Politsatire, die lichterloh brennt.

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