Beethovenfest 2013 Partystimmung beim Festival

BONN · Martin Grubinger & Friends - Thomas Hengelbrock und das NDR Orchester auf den Spuren der "Proms"

 Martin Grubinger und sein Schlagzeugkollege Leonhard Schmidinger am Marimbaphon.

Martin Grubinger und sein Schlagzeugkollege Leonhard Schmidinger am Marimbaphon.

Foto: Barbara Frommann

Martin Grubinger & Friends:

Die schlechte Nachricht übermittelte Beethovenfest-Intendantin Ilona Schmiel dem Publikum in der Beethovenhalle vorweg: Igor Strawinskis "Le Sacre du Printemps" werde an diesem Abend nicht gespielt, weil der Verlag Aufführungen der von dem Schlagzeuger Martin Grubinger senior arrangierten Fassung für zwei Klaviere und Schlagzeug untersagt habe.

Nun hätte man freilich das Schlagwerk einfach weglassen können und die Zwillingsschwestern Ferhan und Ferzan Önder, da sie ja nun schon vor Ort waren, Strawinskis eigene Fassung für zwei Klaviere spielen lassen können. Aber wenn sich Martin Grubinger mit seinen Freunden ankündigt, will man natürlich in erster Linie Musik fürs Schlagwerk hören, und so rüstete das Beethovenfest am Freitagabend für den zweiten Teil instrumental sogar noch gehörig auf und ließ sehr kurzfristig 14 zusätzliche Gastmusiker einfliegen, darunter acht Blechbläser und einen E-Bassisten, die dem Abend in der Beethovenhalle zusammen mit Grubinger eine ziemlich heiße Wendung verliehen.

Die südamerikanischen Rhythmen aus Stücken von Michel Camilo ("Just Kidding", "One More Once", "Caribe"), Joao Gilberto ("Chega de Saudade") und Astor Piazzolla ("Libertango") waren hier in brillantem Bigband-Sound zu hören. "Wir lassen uns den Spaß nicht verderben", sagte Martin Grubinger, und das Publikum unterstrich das am Ende mit echter Begeisterung.

[kein Linktext vorhanden]Der erste Konzertteil blieb vom Urherberrechts-Diktum natürlich unberührt. Die Pianistinnen führten zunächst zusammen mit Martin Grubinger (junior) und Leonhard Schmidinger die Variationen für zwei Klaviere und Schlagzeug von Fazil Say auf.

Der türkische Pianist und Komponist widmete das 2011 uraufgeführte Stück Grubinger und dessen Frau Ferzan Önder zur Geburt ihres gemeinsamen Sohnes. Das Thema hat auch etwas von einem Wiegenlied, und ganz zum Schluss des Zyklus meint man sogar eine Spieluhr zu hören.

Dazwischen ereignet sich bis zur rhythmisch mitreißenden dritten Variation eine permanente Steigerung, in der Fazil Say seine türkische Herkunft ebenso eindrucksvoll mitklingen lässt wie in der folgenden zauberhaften Elegie. Für dieselbe Besetzung hatte auch Béla Bartók bereits 1938 eine Sonate komponiert, die im Anschluss erklang.

Das Quartett spielte das technisch äußerst schwierige Stück mit einer Präzision, von der Bartók bei der Uraufführung nur träumen konnte. Die Zugabe bildete die Schnittstelle zum zweiten Konzertteil: Astor Piazzollas "Libertango". In diesem effektvollen Arrangement für Klavier zu vier Händen und drei Schlagzeuger müssen die Hände auch schon mal um den Rücken der Partnerin greifen: ein Tanz auf Klavierhocker und 88 Tasten. Toll!

NDR-Sinfonieorchester:

So viele Musiker auf der Bühne der Beethovenhalle sieht man sonst nur, wenn die venezolanischen Jugendorchester nach Bonn kommen. Ungefähr 150 an der Zahl waren es nun auch, als das NDR-Sinfonieorchester unter Leitung seines Chefs Thomas Hengelbrock mit Händels "Music for the Royal Fireworks" sein zweitägiges Gastspiel am Samstagabend in der Beethovenhalle bombastisch und mit donnerndem Paukenvorspiel begann.

Verstärkt wurde es dabei durch das NDR Jugendsinfonieorchester. Konzipiert wurde das dreistündige Programm als "Opening Night" für die neue Saison des Orchesters in Hamburg. Dass Hengelbrock dabei die Londoner "Proms" im Blick hatte, will er gar nicht leugnen. Es ging insgesamt sehr britisch zu, und das hieß: sehr unterhaltsam. Gesangssolistin Miah Persson sang zunächst mit leuchtendem Sopran "Let the Bright Seraphim" aus Händels "Samson".

Während hier Moritz Görg an ihrer Seite auf der Naturtrompete brillierte, umschmeichelte in Mendelssohns für London komponierter Konzertarie "Infelice" Mark Bouchkovs Geigenspiel den Gesang mit tonschönen Phrasen. Das Jugendsinfonieorchester begleitete unter Hengelbrock bravourös.

Nach der ersten Konzertpause stand Musik von Edward Elgar auf dem Programm, dessen Enigma-Variationen das NDR Sinfonieorchester mit großer Klangvariabilität in Szene setzte. Im dritten Teil tat sich Hengelbrock dann auch als Moderator hervor und holte mit dem englischen Komponisten Simon Wills zudem einen gut gelaunten Sidekick auf die Bühne.

Der erzählte über die Hintergründe seines noch druckfrischen Werkes "Empress of Blandings": Bei dieser "Kaiserin" handele es sich um eine 300 Kilogramm schwere Sau, verriet er. Das Orchester spielte brillant, wobei die Tuba die Titelrolle zu übernehmen hatte. Miah Persson war dann nochmals zu hören, diesmal mit einer Arie aus Strawinskis in London spielender Oper "The Rake's Progress", die sie mit dramatischer Verve vortrug.

Von Eric Coates spielte man das Stück "Knightsbridge", das, um mit Simon Will zu sprechen, "sehr, sehr famosisch" klingt. Sehr, sehr lustig ging es in dem parodistischen "Major-General's Song" von dem britischen Operetten-Schöpfern Gilbert and Sullivan weiter, dessen Textfülle von dem in einer roten Fantasie-Uniform steckenden Ian Belsey rasant bewältigt wurde.

Bei der Wiederholung des Stücks legte er sogar noch einen Zahn zu. Zwei Mal gespielt wurde wegen des begeisterten Beifalls auch die Zugabe: Elgars "Pomp & Circumstance March No. 1". Wie bei der Last Night of the Proms eben.

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