Virtuoses Gitarren-Hochamt Pat Methen begeistert in der Kölner Philharmonie

Köln · Der Jazzmusiker Pat Metheny begeistert auf seiner Europatournee mit seinem ausgezeichneten Quartett in der Kölner Philharmonie.

 Zuckersüß und rüpelhaft: Pat Metheny beherrscht alle Genres, wie er in der Kölner Philharmonie bewies. FOTO: THOMAS BRILL

Zuckersüß und rüpelhaft: Pat Metheny beherrscht alle Genres, wie er in der Kölner Philharmonie bewies. FOTO: THOMAS BRILL

Foto: Thomas Brill

Er ist ein Phänomen, dieser jung gebliebene Althippie mit dem obligaten Ringelpulli, der dichten Matte und der Gitarre. Wie er wie festgetackert auf der Bühne steht, nur mit dem grauen Lockenkopf wippt und mit beiden ruhelosen Händen das zelebriert, was ihn zu einem der besten Jazzgitarristen seiner Generation macht, ist schon beeindruckend. Pat Metheny lässt es derzeit ruhig angehen. Der 63-Jährige hat keine neue Platte am Start, die er promoten müsste, kann also ganz entspannt durchs Repertoire stöbern, diesen und jenen Titel ausgiebig, neu und mit neuen Musikern befragen und eher seltener hier und da Neues ausprobieren.

So ist seine Europatournee, die am Samstag in der Kölner Philharmonie Station machte und am 17. Dezember in Reykjavik endet, in erster Linie eine breit angelegte Retrospektive. „Unquity Road“ erschien 1976, „Lone Jack“ (1978) ist Teil des Debütalbums der Pat Metheny Group, die in den 1980ern „Farmer’s Trust“ und „Song For Bilbao“ und den späten 1990er Jahren „Into the Dream“ veröffentlichte. „Always and Forever“ und „Tell Her You Saw Me“ sind Stücke der frühen 1990er.

Das Album „Question and Answer“ (1990), von dem Metheny in Köln das Titelstück spielte, hat die in New York lebende, herausragende Bassistin Linda May Han Oh in ihrer Jugend inspiriert, wie sie Metheny anvertraute. Linda May Han Oh ist die Töchtergeneration. Hier schließt sich der Kreis: Metheny hat die junge Bassistin, die schon mit den Red Hot Chili Peppers gespielt hat, in seine Tourband geholt. Außerdem den wunderbaren walisischen Pianisten Gwilym Simcock und den fulminanten Antonio Sanchez, langjähriger Schlagzeuger von Metheny. Allesamt haben sie eindrucksvolle Solokarrieren vorzuweisen – Sanchez glänzte zudem als Komponist der mehrfach ausgezeichneten Filmmusik für den Film „Birdman“. Die Europatour als interkontinentales Projekt.

Er zeigt alle Facetten seines Könnens

Und mit einem Quartett der Extraklasse als hochkarätige Grundierung für einen Stargitarristen, der an diesem Abend in der Philharmonie alle Facetten seines Könnens zeigte. Dazu gehörten natürlich auch die weichgespülten, cool heruntergenudelten Soli, die der Routinier aus den Handgelenken zu schütteln scheint. Im Jazz, der ja von der Spannung, vom interaktiven Prozess und vom Überraschungsmoment lebt, kann solche Routine tödlich sein. Und führt zur abgeklärt-aseptischen Virtuosität.

Es geht auch anders. Gerade in den langsamen Stücken, in den Akustik-Soli, in den vereinzelten, sehr starken Duetten mit seinen Partnern zeigte sich Metheny als sehr sensibler, fantasievoller, nuancenreicher Musiker, der mit der Improvisation ein weites Dialogfeld eröffnet. Gleich zu Beginn setzte er seine 42-saitige „Pikasso“ ein, ein Gitarrenmonster mit mehreren Hälsen und einer eingebauten Harfe, mit denen Metheny artistisch ein sphärisches Ein-Mann-Zupfensemble mit „Into The Dream“ auf die Bühne brachte.

Bei Metheny kann man überzuckerten Kitsch erleben und gleich darauf brachiale Dekonstruktion, bei der er die Struktur des Stücks förmlich zerhackt und mit der verstärkten und verzerrten Akustikgitarre kratzend und jaulend herumrüpelt – in Memoriam Jimi Hendrix. Der Mann beherrscht alle Genres und Stilistiken: Zweieinhalb Stunden bewies er das in Köln, er, der gerne lächelnde, aber wortkarge Gitarrist. Ein einziges Mal richtete er drei Sätze ans Kölner Publikum (auf Ansagen zu den Stücken verzichtete er). Am Ende dann ein knapper Dank. Der Rest war virtuoses Gitarren-Hochamt. Begeisterter Applaus und Standing Ovations, zwei Zugaben.

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