Neues Stück im Theater Die Pathologie Pathologie modernisiert Gottfried Kellers "Kleider machen Leute"

Bonn · Das Bonner Theater "Die Pathologie" modernisiert Gottfried Kellers Stück „Kleider machen Leute“: Ein Pärchen strandet auf einer einsamen Insel - mit einem Koffer voll Kleider, einer alten Vogue-Ausgabe und einem Exemplar von Kellers "Kleider machen Leute". Gesprächsstoff haben sie damit genug.

 Stranden auf einer einsamen Insel: Homi Dorchenas und Caroline Sieger in „Kleider machen Leute“.

Stranden auf einer einsamen Insel: Homi Dorchenas und Caroline Sieger in „Kleider machen Leute“.

Foto: Thomas Kölsch

Kitsch ade: Mit der berühmten Verfilmung von Heinz Rühmann hat die Version von „Kleider machen Leute“, die ab Donnerstag in der Pathologie zu sehen sein wird, rein gar nichts zu tun. Weg mit der biedermeierlichen Heimeligkeit, in der ein Betrüger wider Willen die große Liebe findet. Ganz bewusst habe man sich davon verabschiedet, wie Regisseur Ulrich Harz betont.

„Diese Fassung war nun wirklich keine Glanzleistung, auch wenn viele Leute den Stoff in erster Linie daher kennen“, sagt er. „Das wäre uns zu plakativ gewesen. Ohnehin halte ich die Novelle von Gottfried Keller für schwer dramatisierbar, da er wenige Dialoge beinhaltet und die Handlung so stark romantisiert ist, dass sie in der heutigen Zeit kaum noch nachvollziehbar ist. Daher haben wir einen ganz anderen Ansatz gewählt.“ Einen, bei dem der Originaltext von Keller auf eine Metaebene rückt – und zugleich mit Ideen des Schweizer Autors Christian Kracht kollidiert.

„In unserem Inseldrama hat ein Pärchen auf einer einsamen Insel Schiffbruch erlitten“, erläutert Harz die Handlung. „Alles, was es retten konnte, ist ein Koffer mit Klamotten, eine alte Ausgabe der 'Vogue' – und eben Kellers 'Kleider machen Leute'. Also beginnen die beiden, die Geschichte zu lesen und zu kommentieren.“ Gleichzeitig würden Krachts Romane „Die Toten“ und „Imperium“ mit einbezogen werden. „In dem einen zertrümmert der Autor ja unter anderem Rühmann, in dem anderen beschreibt er die Geschichte eines deutschen Nudisten, der eine Kokosnuss-Religion begründet. Einige dieser Motive haben wir spielerisch aufgenommen. Wir haben eh recht assoziativ gearbeitet und alle möglichen Elemente in die Inszenierung einfließen lassen. Diese setzen wir jetzt in den finalen Proben technisch um.“

Als Schauspieler hat Harz Homi Dorchenas und Caroline Sieger verpflichtet. Beide kommen aus dem Dunstkreis des Faust-3-Unternehmenstheaters, dem auch Harz angehört. „Ein Zufall“, sagt dieser. „Von den sonst in der Pathologie aktiven Ensemblemitgliedern konnten viele einfach nicht, und ich wollte ohnehin mal schauen, wie diese beiden Menschen miteinander harmonieren.“ Was offenbar hervorragend funktioniert.

Während der Probe werfen Dorchenas und Sieger sich genüsslich die Bälle zu, agieren ganz ungezwungen, kommentieren ironisch das Geschehen in der Novelle und lösen sich doch immer wieder von selbiger. „Wir möchten das Stück gerne in einer Stunde über die Bühne bringen, dabei überaus unterhaltsames Theater bieten und zugleich den Kern des Keller'schen Textes vermitteln, auch wenn wir diesen eben nicht spielen“, erklärt Harz.

Termine: 15. bis 18. Juni, 8. und 9. Juli, jeweils 20 Uhr im Theater Die Pathologie, Weberstraße 43. Karten für 18 Euro, ermäßigt 12 Euro, erhalten Sie unter 02 28/22 23 58

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