Frühgriechische Kunst Pferde schnell wie Vögel

Welchem Bewunderer griechischer Kunst stünden nicht der berühmte "Apoll vom Belvedere" und die ebenso populäre "Aphrodite von Melos" vor Augen?

 Stierdarstellung auf dem Fragment eines großen Vorratsgefäßes (Pithos), 8./7. Jh. v. Chr.

Stierdarstellung auf dem Fragment eines großen Vorratsgefäßes (Pithos), 8./7. Jh. v. Chr.

Foto: Museum

Dass diesen antiken Stars des 4. und 2. Jahrhunderts v. Chr. eine Fülle von Kunstwerken vorausgeht, die noch ganz anderen Idealen als klassischer oder hellenistischer Schönheit folgten, zeigt das Akademische Kunstmuseum in seiner neuen Ausstellung "Ferne Zeit" und lenkt damit den Blick auf seine eigenen "Zeugnisse frühgriechischer Kunst". Sie gehören der - nach ihrem klaren, häufig additiven Formverständnis benannten - geometrischen Epoche und der sie ablösenden früharchaischen Zeit an, also der Zeitspanne von etwa 900 bis 600 v. Chr. Zuweilen greifen die Kuratoren und die wesentlich beteiligten Studenten auf Gipsabgüsse zurück, die ja ohnehin eine Stärke des Museums bedeuten.

Allerdings geht diesen insbesondere aus der Kleinkunst stammenden Artefakten ein höchst ungewöhnliches "Empfangskomitee" voraus. Acht weibliche Skulpturen belegen einen weite Zeiten übergreifenden Figurenwandel, wobei die 25.000 Jahre alte "Venus von Willendorf" und Hans Arps "Torso" von 1930 ihre Weiblichkeit durch - freilich zeittypische - schwellende Formen zum Ausdruck bringen.

Mit einem frühgriechischen Siedlungsbeginn ist erst in geometrischer Zeit zu rechnen. Folgerichtig gilt das erste Kapitel den materiellen Überlieferungen aus "Haus und Haushalt". Verschiedene Trinkgefäße und Scherben von so genannten Pithoi, Vorratsgefäßen für Wasser, Wein, Öl und Getreide, weisen auf den täglichen Gebrauch, ebenso auf das festliche Symposion.

Aus der Vielzahl geometrisch ornamental dekorierten Objekte ragt das Fragment eines Reliefpithos heraus, das einen nach rechts gerichteten Stier mit en face gedrehtem Kopf zeigt. Von der Stoffproduktion und damit von der Domäne der griechischen Hausfrau zeugt der "Teller mit Webstuhl-Darstellung".Mit dem Bau von Tempeln wurde erst im 8. Jahrhundert v. Chr. begonnen.

Bis dahin hatte man an die Anwesenheit der Götter in der Natur geglaubt. Bei den "Frühen griechischen Heiligtümern" werden vielförmige Weihgaben gezeigt, die gegen Ende des 8. Jahrhunderts Lebensgröße oder mehr erreichen konnten und damit auch frühe Exempel des griechischen Menschenbildes darstellen. Das spätgeometrische "Bronzepferdchen" kann als erlesenes Musterbeispiel seiner Stilstufe gelten. Auf "vogelschnelle" Pferde lässt die bildliche Verbindung von Pferden und Vögeln, etwa auf einer attisch-schwarzfigurigen Halsamphora, schließen.

Ein eigens für das Kapitel "Grabkult" simuliertes Grab lässt erahnen, welche Requisiten den Toten einer Körperbestattung beigegeben wurden. Die spätgeometrische "Steilrandschale" zeigt im Wechsel ornamentales und figürliches Dekor, das wie ein Metopenfries das Gefäß umrundet. Von der Aussagekraft selbst einzelner Scherben zeugt das ebenfalls spätgeometrische "Fragment eines Kraters", das eine "Ekphora", einen Leichenzug, mit dem Verstorbenen und seinem Leichenwagen, seiner Decke und selbst mit Klagenden sowie Wasservögeln additiv illustriert. Schließlich geht die kluge Ausstellung auf die "Produktionslandschaften der frühgriechischen Keramik" und ihre facettenreichen Erscheinungsformen ein.

Akademisches Kunstmuseum Bonn bis 17. Oktober (vom 18. 8. bis 13. 9. geschlossen); Di -Fr 15 - 17, So 11-18 Uhr; Katalog 10 Euro

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