Philharmonie Köln: René Jacobs mit Johann Sebastian Bach

Vor einem "letzten Werk" steht man immer mit besonderer Ehrfurcht. Wenn ein Komponist sein Opus ultimum überdies nicht vollenden konnte, ist es zu Verklärung oft nicht weit. Johann Sebastian Bachs Messe h-Moll (BWV 232) steht nicht definitiv am Ende seines Schaffens, gehört aber zu einer Reihe meist breit dimensionierter Werke, welche künstlerisch Erreichtes bündeln.

 Simeonsreliquiar, um 1330/40 (Domschatz, Aachen).

Simeonsreliquiar, um 1330/40 (Domschatz, Aachen).

Foto: A. Münchow

Köln. Vor einem "letzten Werk" steht man immer mit besonderer Ehrfurcht. Wenn ein Komponist sein Opus ultimum überdies nicht vollenden konnte, ist es zu Verklärung oft nicht weit. Johann Sebastian Bachs Messe h-Moll (BWV 232) steht nicht definitiv am Ende seines Schaffens, gehört aber zu einer Reihe meist breit dimensionierter Werke, welche künstlerisch Erreichtes bündeln.

René Jacobs ist mit dem ihm eigenen musikalischen Ethos, welches sich mit einem gesunden Maß an Sachlichkeit verbindet, ein idealer Interpret für diese Messe, die er jetzt in der Philharmonie mit dem RIAS Kammerchor und Concerto Köln aufführte.

Das Werk und die Umstände seiner Entstehung haben so manche Fragen aufgeworfen. Die Messe entstand ohne definitiven Auftrag, besitzt protestantischen Grundcharakter, aber auch katholische Einfärbungen und basiert weitgehend auf älteren Kompositionen. Dieses "Parodie"-Verfahren war in früheren Jahrhunderten durchaus üblich. Auch Bach wandte es immer wieder an, freilich mit Anpassungen an den aktuellen kompositorischen Kontext, an einen geänderten formalen Aufbau oder neue Texte.

Daten zur Schau "Glanz und Größe des Mittelalters" ist bis zum 26. Februar 2012 zu sehen. Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr, jeden ersten Donnerstag im Monat bis 22 Uhr. Die Schau bespielt die Ausstellungshalle des Kulturzentrums am Neumarkt, Cäcilienstraße 29-33. Der Katalog kostet im Museum 39,90 Euro, im Buchhandel 49,90 (520 Seiten mit Essays und Fotos aller Exponate).

Weitere Informationen unter www.museenkoeln.de.Bei einer Aufführung tritt dies alles in den Hintergrund, die Aufmerksamkeit des Hörers konzentriert ganz sich auf die autorisierte Werkgestalt. Bei Bachs Messe gibt es ohnehin nichts infrage zu stellen.

Diese Schlüssigkeit spiegelte sich auch in der Wiedergabe von René Jacobs. Ein vergangenes Dokument seiner Auseinandersetzung mit dem Werk stellt die fast 20 Jahre alte Einspielung mit der Akademie für Alte Musik Berlin dar. In der Philharmonie spielte indes Concerto Köln, und statt des Balthasar-Neumann-Chores war der RIAS Kammerchor aufgeboten.In seiner klanglichen Homogenität, Intonationsreinheit und Koloraturfertigkeit stellte er das Ereignis des Abends dar. Diese außerordentlichen Fähigkeiten sind über die Jahre kontinuierlich gewachsen.

Auch Concerto Köln, das fantastische Orchester, ermöglichte Jacobs eine makellose Aufführung von bestechend natürlicher Artikulation, unterstrichen von einer sensibel differenzierenden Dynamik. Der mindestens eine halbe Note dem Realklang vorausgreifende Taktschlag des Dirigenten tat dem keinen Abbruch.

Exquisit die Solisten, selbst wenn man in Sunhae Im keine typische Bach-Sopranistin sehen und den Countertenor Lawrence Zazzo nicht mit einem Andreas Scholl auf die gleiche Stufe stellen möchte. Marie-Claude Chappuis, Magnus Staveland sowie Michael Nagy überboten sich in vokaler Inbrunst und Stilempfinden. Nach dem letzten Akkord herrschte spürbare Ergriffenheit - bevor sich Begeisterung in tosendem Applaus Luft machte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort