Beethoven-Haus in Bonn Pianistin Olga Scheps spielt Werke von Tschaikowski und Schubert

BONN · Mit den "Jahreszeiten" landete Pjotr Iljitsch Tschaikowski Mitte der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts einen echten Hit. Man riss dem Verleger Nikolai Bernard, der die Idee zu der zyklischen Vertonung des Jahreszyklus hatte, die Noten buchstäblich aus der Hand. Im Konzertsaal aber haben die zwölf Charakterstücke für Klavier nie so recht Karriere machen können.

Die in Russland geborene, früh nach Deutschland gekommene und heute in Köln lebende Pianistin Olga Scheps hatte sich trotzdem des kompletten op. 37a für ihren Auftritt im Rahmen der städtischen Kammerkonzerte im Beethoven-Haus angenommen. Das ist ihr hoch anzurechnen, noch höher die Tatsache, dass zwischen Januar und Dezember keinerlei Längen zu spüren waren. Die verträumt wohlige Kaminatmosphäre des Januar war ebenso schön zu vernehmen wie die "Weißen Nächte" des Mai.

Scheps konzentrierte sich auf die Klanglichkeit dieser Kompositionen, die so eine bemerkenswerte Farbigkeit erhielten. Wenn Olga Scheps virtuosere Nummern wie den karnevalesken Februar anstimmt oder mit kräftigen Hornquinten gleichsam zur September-Jagd bläst, muss man nicht nur die souveräne Technik bewundern, sondern auch die musikalische Empathie für die Darstellung dieser kleinen poetischen Kostbarkeiten.

Dass Tschaikowsky und Schubert gar nicht immer so weit auseinanderliegen müssen, dafür stand vor allem die erste Zugabe des Abends, die "Natha Valse" des Russen. Der Walzer war sozusagen ein nachgeschobenes Scharnier zum zweiten Programmteil, den Olga Scheps komplett Franz Schubert gewidmet hatte. Im Tempo fast ein wenig zurückgenommen spielte sie das knapp zehnminütige Impromptu in f-Moll op. post. 142, sehr lyrisch, sehr fein ausbalanciert.

Im Impromptu in Ges-Dur gestaltete sie Melodie, Bass und Begleitfigur so plastisch, als hörte man drei Instrumenten zu. Absolut mitreißend war dann ihre Interpretation der für Franz Schubert ungewöhnlich virtuosen "Wanderer-Fantasie" - laut Franz Liszt ein Klavierkonzert ohne Orchester (weshalb er es für Klavier und Orchester arrangierte). In diesem Stück zeigte Olga Scheps, dass in ihrem Herzen das Feuer einer echten Virtuosin brennt.

Sie legte in die vier Sätze des Werkes ihre ganze Leidenschaft hinein, die sie mit blendender Technik in Klang verwandelte. Den optimistischen Beginn ebenso wie die fast tragische Verdunklung in den Adagio-Variationen. Nach dem bravourös bewältigten Finale gab es viele Bravi im offiziell ausverkauften, aber nicht ganz bis auf den letzten Platz besetzten Kammermusiksaal. Im Zugabenteil kam sie dann nach der "Natha Valse" noch einmal auf Schubert zurück und spielte die herzergreifende Ungarische Melodie.

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