Lagerfeld-Ausstellung in der Bundeskunsthalle Plaudereien aus dem Nähkästchen

BONN · Dass der Kurator der Bundeskunsthalle noch selbst die Kopfhörer an seine Gäste verteilt, passiert wohl nur bei der Kuratorenführung. Rein Wolfs ist froh über die 42 Besucher, obwohl es eigentlich zu viele sind.

 Fließende Formen: Rein Wolfs kennt die Geschichte hinter den Exponaten.

Fließende Formen: Rein Wolfs kennt die Geschichte hinter den Exponaten.

Foto: Nicolas Ottersbach

"Das wird nun etwas voll, wir wollten aber auch niemanden abweisen, der sich gerade noch an der Kasse angestellt hat", bittet er um Verständnis. Denn es ist das letzte Mal, dass er die Lagerfeld-Ausstellung kommentiert.

Davon erhoffen sich die Freunde Stine Isler, Beatrice Schneider, Ralph Biermann und Julia Lübken "Insider-Informationen", wie sie es nennen. Isler hat schon einmal eine Kuratorenführung mitgemacht, die mit einer Stunde etwa doppelt so lange dauerte wie die konventionelle. "Wenn mich ein Thema wirklich interessiert, ist das normale Programm zu oberflächlich", erzählt sie.

Die Hoffnung, viele Hintergründe zu erfahren, erfüllte Rein Wolfs gleich zu Beginn. "Lagerfeld macht sich jünger als er ist, die Biografie, die dort hängt, ist eine Künstlerbiografie", sagt er. Das sei Usus, wenn man sich "in einem solch divenhaften Umfeld behaupten möchte".

Was Karl Lagerfeld so berühmt gemacht habe, sei das Verschmelzen von Tradition und Experiment. Stellvertretend dafür stehe sein Arbeitsplatz, der an vielen Orten der Welt stehe und immer gleich aussehe. Viele alte Bücher und eine Menge Papier. "Es fängt auf Papier an und endet auf Papier", erklärt Wolfs. Der Fotograf Lagerfeld studiert andere Werke, zeichnet seine Entwürfe, schneidert und vermarktet die Mode mit Plakaten. Ein Detail ist erst in den vergangenen Jahren auf den Schreibtisch gekommen: die Trinkschale von Katze Choupette. Die sei so etwas wie Lagerfelds Markenzeichen, was zuvor der Fächer und die Sonnenbrille waren. Allerdings bringt das Haustier zwei bis drei Millionen Euro an Werbeverträgen ein und hat sogar zwei Angestellte. "Und wie hoch ist die Versicherungssumme?", fragt ein Teilnehmer der Führung. Wolfs zuckt mit den Schultern: "Das wollen wir, glaube ich, gar nicht wissen."

Karl Lagerfelds Credo, Mode als Teil des täglichen Lebens zu sehen, schlägt sich in der Gestaltung der Ausstellung nieder. "An die Wände haben wir die Fototapete einer Berliner Unterführung geklebt, der Boden soll Asphalt darstellen", sagt Wolfs. Musik und Geräusche, die von Abschnitt zu Abschnitt beim Durchlaufen erklingen, sind von Michel Gaubert, der auch sonst die Soundtracks für Lagerfelds Modenschauen zusammenstellt.

Die Ausstellung selbst gliedert sich nach Lagerfelds Arbeitgebern. Dabei sind die Figurinen, die die Kleidungsstücke von Fendi tragen, als einzige durchsichtig, um deren aufwendiges Innenleben zu zeigen. "Dort dominiert der Pelz", sagt Wolfs. Chloé hingegen sei eher romantisch, Lagerfelds eigene Kollektion in Schwarz, Grau und Weiß gehalten, mit Lagerfeld-typischen übergroßen Krägen. Am wichtigsten sei jedoch Chanel. "Lagerfeld ist Chanel und Chanel ist zu einem Synonym für Lagerfeld geworden", erzählt Wolfs. Er sei der erste gewesen, der verstanden habe, das Logo einer Firma als modisches Accessoire zu etablieren. Bei allem Erfolg dürfe aber nicht die Leistung des Workaholics vergessen werden. Lagerfeld designe jährlich zwölf Kollektionen für Chanel, vier für Fendi und seine eigene. "Alles gleichzeitig und mit unterschiedlichen Stilen", so Wolfs.

100 000 Besucher

Seit Ende März können Besucher in den Modekosmos von Karl Lagerfeld eingetaucht. Gestern konnte Intendant Rein Wolfs den 100 000. Besucher begrüßen. Es sind Alice und Simone Juhasz aus Königswinter. Sie erhielten als Geschenk ein Katalogmagazin, Champagner und Blumen. Die Ausstellung ist noch bis Sonntag, 13. September, zu sehen.

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