Popband "Ich + Ich" begeistert im Kölner Palladium

Weil Annette Humpe zu viel Lampenfieber hat, muss Partner Adel Tawil allein auf die Bühne - Musik ist mitreißend und intelligent gemacht

  Umarme mich:  Adel Tawil im Kölner Palladium.

Umarme mich: Adel Tawil im Kölner Palladium.

Foto: Thomas Brill

Köln. Sie sind für den Echo nominiert, ihre erste CD "Ich + Ich" holte Gold, die im Jahr 2007 veröffentlichte Nachfolger-Scheibe "Vom selben Stern" sogar Platin.

Doch was im Studio so wunderbar harmoniert - so lange zusammen an poppig-melancholischen Stücken zu feilen, bis beide zufrieden sind - klappt live nur bedingt. Weil Annette Humpe (57), Ex-Sängerin der Neue-Deutsche-Welle-Kultband "Ideal", Produzentin (unter anderem Rio Reiser, "Die Prinzen" und "Lucilectric"), Texterin und Komponistin, zunehmend, unter Lampenfieber leidet, muss Partner Adel Tawil (29) allein auf die Bühne.

Doch die Rechnung "Ich + Ich" = "Er - Sie" geht trotzdem auf. 3800 Fans genossen das Konzert im Kölner Palladium auch ohne Humpe, die sich seit 2006, wie auf der Homepage des Duos "Ich + Ich" zu lesen, als "non performing artist", als nicht auftretende Künstlerin, versteht.

Dass das funktioniert, liegt nicht nur an Tawils seelenvoller, tragfähiger Stimme, sondern auch daran, dass er nicht wirklich allein auftritt. Begleitet wird er von sechs Musikern und zwei Backgroundstimmen, was zusammen ein dynamisches, komplexes Ganzes ergibt.

Die Bühne wird dominiert von sechs großen weißen Planeten und einem Stern, die, je nach Stimmung und Stück, mal in zartem Violett, mal in warmem Orange oder sinnlichem Rot erglühen. Für Gefühlvolles wie "Umarme mich", für Eingeständnisse der eigenen Schwäche ("Stark"), aber auch für peppig verpackte Konsumkritik ("Junk") ist das die perfekte Kulisse.

13 Stücke und vier Zugaben wird Tawil nicht müde, dem Publikum zu beteuern, wie gerne er hier ist und wie sehr er den Gig genießt: "Es ist echt krass, wenn die Leute den Text so gut kennen von dem Album", "Ihr seid die Geilsten - unglaublich" oder "In Köln hab' ich schon so gute Partys gefeiert". Das müsste er nicht tun, denn die schmusenden Paare im Publikum, die flippigen Mütter mit ihren zum Teil noch grundschulpflichtigen Töchtern und die besten Freundinnen, die hier gemeinsam die letzte Trennung verarbeiten, eint ohnehin das Gefühl, "Vom selben Stern" zu sein.

Leichte Anklänge an Xavier Naidoo & seine Söhne Mannheims sind unüberhörbar, aber "Ich + Ich" setzen weniger auf Betroffenheit, und das ist auch gut so. Stücke wie "Mach dein Licht an", "Dämonen" oder "So soll es bleiben" garantieren Abwechslung. Sie klingen mal rockig, mal seidenweich, kombinieren Soul mit Rap oder zitieren die Neue Deutsche Welle.

Mitreißend und intelligent gemacht, profitieren sie gleichermaßen von Tawils starker Stimme und Humpes Erfahrung als Songschreiberin. Nach "Felsen im Meer" als zweite Zugabe kommt dann endlich das Stück, auf das viele gewartet haben: "Du erinnerst mich an Liebe". Und bei dieser innigen Ballade, zumindest einen Moment lang, vermisst man Annette Humpe dann doch.

Am 22. Juni gastiert die Band "Ich + Ich" auf dem Museumsplatz in Bonn.

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