Premiere am Freitag „Der zerbrochne Krug“ am Theater Bonn: Der vierte Anlauf zur Premiere

Bonn · Die Pandemie sorgte für Stau am Theater. Mehrmals wurde der Start des Kleist-Stücks am Theater Bonn verschoben. Vor der Premiere ist Darstellerin Lena Geyer überzeugt: Das Warten hat ihre Rolle sogar besser gemacht.

 Eve (Lena Geyer) beim Verhör. Hinter ihr Richter Adam.

Eve (Lena Geyer) beim Verhör. Hinter ihr Richter Adam.

Foto: Thilo Beu

Ohne Corona wäre Eve eine andere gewesen. Eve, zu der sich Richter Adam in der Nacht zuvor geschlichen hatte. Bei seiner Flucht ging der titelgebende Krug zu Bruch. Am nächsten Tag erscheint Eves Mutter Marthe vor Gericht, um über die Scherben verhandeln zu lassen. Richter Adam, noch mit Schrammen im Gesicht, muss ein Verfahren führen, bei dem eigentlich er auf der Anklagebank sitzen müsste. Eve hatte er eingeschüchtert, die Wahrheit dürfe sie nicht sagen. Sein Ruf steht auf dem Spiel. Ein Klassiker.

Ohne Corona hätte Lena Geyer schon am 7. November 2020 Eve bei der Premiere im Opernhaus spielen sollen. Der Start des Kleist-Stücks wurde verschoben, einmal, noch einmal, genau wie der Aufführungsort ins Schauspielhaus nach Bad Godesberg verlegt wurde. Das Bühnenbild stand schon, musste angepasst werden. Der nun vierte Anlauf wird wohl klappen: Am Freitag feiert „Der zerbrochne Krug“ Premiere. „Es wird höchste Zeit“, sagt Lena Geyer .

Alle sprechen über Eve statt mit ihr

Und dennoch kann sie dem späten Start etwas abgewinnen: Ursprünglich sei ihre Figur eher eingeschüchtert gewesen, ängstlich. Das hat sich im Laufe der vielen Proben verändert. „Eve steht sehr für sich ein, gibt Widerworte, wächst über sich hinaus“, sagt die 30-Jährige.

Dabei spricht Eve in weiten Teilen des Stücks gar nicht. Die junge Frau ist eher Beobachterin eines immer absurder werdenden Gerichtsverfahrens, bei dem Richter Adam alles versucht, seinen eigenen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Eves Mutter, der Richter, ihr Verlobter Ruprecht, die angereiste Gerichtsrätin Walter, bei Kleist noch Gerichtsrat: Sie alle sprechen über Eve statt mit ihr.

Eine schauspielerische Herausforderung, bei der Lena Geyer viel über die richtigen Blicke vermitteln will. „Es ist total emotional aufgeladen, Eve wird zum Pulverfass. Wenn sie dann etwas sagt, wird jeder Satz eine kleine Kugel, die sie rausschießt.“

„Ein funktionierendes System und keiner traut sich auszusteigen“

Eine junge Frau, gefangen in einer Machtkonstellation, bei der alle eigene Interessen vertreten: Die MeToo-Bewegung ist nicht mehr auf ihrem Höhepunkt, hat aber deutliche Spuren hinterlassen. Eine aktuelle Thematik, auf der Bühne des Schauspielhauses genau wie im echten Leben. Gerade erst hat die Staatsanwaltschaft zwei weitere Ermittlungsverfahren gegen den früheren Intendanten der Komödie am Münchener Bayerischen Hof, Thomas Pekny, eingeleitet. Im Sommer war er aus Mangel an Beweisen in einem anderen Verfahren freigesprochen worden.

„Ich habe sofort gedacht: Das Thema Machtmissbrauch ist nicht nur am Theater, sondern in der ganzen Welt ein wichtiges Thema“, sagt Lena Geyer. Kleist habe, sagt die Schauspielerin, das ganze Stück über Hinweise eingebaut, dass Richter Adam den symbolträchtigen Krug zerbrochen habe. Alle wissen es, aber keiner reagiert. „Wie im echten Leben. Ein funktionierendes System und keiner traut sich auszusteigen.“ Nur Eve ist es, die alles ausspricht. Deshalb hat sie in der Inszenierung von Schauspieldirektor Jens Groß das letzte Wort.

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