Premiere im Jungen Theater Bonn So begeistert „Michel aus Lönneberga“

Bonn · Es ist ein wunderbares Bühnenvergnügen und wurde zu Recht gefeiert: „Michel aus Lönneberga“ hatte Premiere im Jungen Theater Bonn.

 Bewegt: (von links) Sandra Kernenbach, Andrea Brunetti, Lukas David Maurer, Jan Herrmann, Nima Conradt und Olja Artes.

Bewegt: (von links) Sandra Kernenbach, Andrea Brunetti, Lukas David Maurer, Jan Herrmann, Nima Conradt und Olja Artes.

Foto: JTB

Dieser „Michel aus Lönneberga“ ist ein solch liebenswürdiger Junge, dass niemand ihm irgendwas übelnehmen kann. Ein bisschen Suppenkasperei geht in Ordnung, und eine verfressene autoritäre Armenhaus-Chefin in einer Wolfsgrube zu fangen, macht nicht nur Spaß, sondern zeigt auch sein gutes Herz. Seine Schwester Ida ist übrigens Malerin geworden, weshalb Michels Elternhaus sich in eine Galerie mit Bilderkopien vom Barock bis zum Impressionismus verwandelte.

In der Mitte ein großer Video-Rahmen mit Winterlandschaften oder häuslichen Idyllen: Die Bühne von Anneliese Jankowicz ist optisch ein perfekter Geniestreich, zumal sie auch noch im Handumdrehen rasante Schlittenfahrten oder sonstige Ausflüge erlaubt.Der Regisseur Bernard Niemeyer und der Theatermusiker Michael Barfuß (Stoffbearbeitung, Texte, Lieder und Klangspur) haben aus Astrid Lindgrens „Michel“-Erzählungen ein wundervolles Vergnügen gemacht und für Klein und Groß tolle Überraschungen gebastelt, die lange vor der Adventszeit schon Weihnachtsfreude erwecken.

Olja Artes spielt bezaubernd die erwachsene Ida, die als Erzählerin zurückführt in ihre Zeit als Klein-Ida, die manchmal aufpassen musste auf ihren ebenso gewitzten wie menschenfreundlichen Bruder Michel. Das ganze winzige schwedische Dorf Lönneberga weiß, dass der Knabe ein Lausbub ist, der seine ungewaschenen Ohren gern in einer Suppenschüssel versenkt, bis das ererbte Porzellan zu Bruch geht.  Lukas David Maurer spielt den kindlichen Sonnyboy einfach hinreißend, Jan Hermann als strenger Papa Anton hat für alle Notlagen Reparaturmaterial, Mama Alma  Seelenbalsam für jedes Weh.

Andrea Brunetti läuft jedoch zu großer Form auf als böse Hexe im opulenten Pelz-Outfit (schöne Kostüme: Katharina Kastner), die all ihre armen Schäfchen brutal kommandiert. Gehorsam ist nicht so ganz Michels Ding, weshalb das üppige Weihnachtessen seiner Familie bei den Unterdrückten landet, die leider kaum einen Wurstzipfel vom Tisch der Reichen erhaschen können. Der Weihnachtsbraten und der Kartoffelkorb sind gemalt, ökomäßig läuft die Ironie also so einwandfrei, dass Fleischfresser und Vegetarier nicht leiden müssen.

Als mehr oder minder heiratswilliges Paar sind Sandra Kernenbach (Magd Lina) und Nima Conradt (Knecht Alfred) sehr herzhaft verbunden. Aber niemand raunt so düster von Werwölfen und Blutvergiftung wie Giselheid Hoensch als Seniorin des fabelhaften Ensembles.

Michel tut ganz einfach mutig das Richtige und bringt den kranken Alfred trotz wildem Schneesturm zum Arzt. Denn Michel will bloß den Menschen helfen, denen es nicht so gut geht, macht dabei mal kleine Fehler, aber mit Vergnügen auch eine Menge ganz vernünftig. So wird die ungemein witzige, hochintelligente Inszenierung mit ihren vielen Überraschungsmomenten zu einem  ungetrübten Genuss für Publikum ab fünf Jahren und für alle Älteren ebenso.

Nächste Familienvorstellungen am 16. und 17.November jeweils um 15 Uhr, am 1. und 15. Dezember jeweils um 11 und um 15 Uhr. Karten gibt es in allen Bonnticket-Vorverkaufsstellen.

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