Komödie "Mondscheintarif" im Kleinen Theater Problemzone Mann

Die Fahrt mit Daniels schickem Auto muss man einfach erlebt haben. Regisseurin Constanze Jungnickel macht daraus bis zu den blinkenden Rücklichtern ein komisches Bravourstückchen in ihrer Inszenierung von "Mondscheintarif" im Kleinen Theater. Nach der Party war's dann endlich soweit: Cora im Bett mit Mr. Right. Drei Tage ist das nun her, und der Typ hat einfach nicht mehr angerufen. Dabei kann sich niemand entzückender am Telefon melden: "Hüüübsch".

 Szene mit Heike Kloss (links), Anouschka Renzi und Marko Pustisek.

Szene mit Heike Kloss (links), Anouschka Renzi und Marko Pustisek.

Foto: Kleines Theater

Cora Hübsch erzählt also ihre Geschichte: Das große Drama von Leidenschaft, Einsamkeit, Trennungsschmerz, stiller Größe und peinlichen Ausrutschern. Mit einem solchen begann das Ganze. Der Hummer vom Büffet bei der Filmpreisverleihung, den Cora in einem Anfall von Altruismus der Klofrau zukommen lassen wollte, landete an der empfindlichsten Stelle des Dr. med. Daniel Hofmann. Auf der Bühne in einer filmreifen Slow-Motion-Szene, die nicht mit dem langen Blick in die blauen Augen des Opfers endet, sondern mit einem temperamentvollen Auftritt von dessen Begleiterin Carmen. Das bewegt sich flott zwischen Slapstick, klassischem Boulevard, augenzwinkernder Selbstironie und Berichten aus weiblichen Problemzonen. Deren größte heißt natürlich "Mann" und wird für geschlechtsüberreife Single-Stadtbewohnerinnen zur täglichen Herausforderung.

Den "Mondscheintarif" gibt's schon längst nicht mehr angesichts von Flatrates, Facebook und Twitter. Cora ist auch nicht mehr die Mittdreißigerin wie in dem 1994 erschienenen Roman der Bestseller-Autorin Ildikó von Kürthy. Heike Kloss spielt köstlich überdreht die 43-jährige (plus ein paar Monate) Cora Hübsch mit einem freudlosen Verhältnis zu ihren Zehen und den schwer zu zähmenden blonden Locken. Wenn der Liebeskummerhimmel voller Arschgeigen hängt, braucht frau dringend eine gute Freundin. Eine bessere als Anouschka Renzi in der Rolle der erfolgreichen Marketing-Spezialistin Johanna Dagelski (kurz "Jo") ist kaum vorstellbar. "Verliebtsein ist Marketing", weiß die Dame mit kessem dunklem Bubikopf zum eleganten Business-Anzug aus Erfahrung und hat als Grundnahrungsmittel immer eine gute Flasche Champagner parat. Der fließt gelegentlich ohne Umwege direkt in die geläufigen Gurgeln, wobei die folgende weibliche Gesangspotenz eher zur ärztlichen Ernüchterung beiträgt. Jos herzhaft coole Intelligenz steht zwar in einem Feindverhältnis zu ihrer Küche, aber ihr heißer Tanz mit Coras Gefühlsverwirrungen hat höchste Brandklasse. Renzi (auch als arrogante italienische Restaurantchefin Marcella und als osteuropäisches Soap-Sternchen Ute Carmen) ist der stets hilfreiche Puck-Wirbelsturm im Sommernachtstraum von Cora und Daniel.

Die rasant wechselnden Outfits der Weiber sind so waffenscheinfähig, dass Marko Pustisek als charmantem Herrn mit grauen Schläfen nur noch die ordentliche Kapitulation bleibt. Als skurriler Esel Sascha, Coras mit alpinem Akzent gesegneter Ex-Lover, mit dem sie immerhin die Abneigung gegen Zitroneneis teilte, was zu einer Schokoriegelsucht führte, gibt er das Intermezzo zum überraschenden Finale. Einen hohen Amüsierfaktor haben zudem die von Thomas Fritsch per Band zugesprochenen Werbespots für Epiliergeräte und Ratgeberliteratur für sexuelle Grenzfälle.

Nächste Aufführungen bis zum 28. Januar fast täglich. Kartenreservierung unter Tel. 0228-362839; weitere Infos unter www.kleinestheater-badgodesberg.de

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