Punkrock-Trio "Die Ärzte" bringt Kölnarena zum Kochen

Überwiegend jugendliche Patienten - Tägliche Dosis Spass und Lebensmut

Punkrock-Trio "Die Ärzte" bringt Kölnarena zum Kochen
Foto: Horst Müller

Köln. "Fall nicht runter" rufen tausend Kehlen dem Beleuchter zu, der in schwindelerregende Höhen steigt, um die Scheinwerfer optimal auszurichten. Das ist ehrlich anteilnehmend gemeint. Stimmung wie beim FC St. Pauli.

Das Punkrock-Trio Die Ärzte sind auf Hausbesuch in der ausverkauften Köln-Arena. Überwiegend jugendliche Patienten, die auf der "Es wird eng Tour" ihre tägliche Dosis Spass und Lebensmut verabreicht bekommen sollen. "Scheißtribüne" skandieren sie aus dem Innenraum. Gemeint sind die vermeintlichen Sitz-Spießer auf den teuren Plätzen. Ärzte-Fans sind ihrem Herzen eben irgendwie anarchisch.

An dieser Stelle findet Farin Urlaub, Frontmann der "besten Band der Welt", dass Aufklärungsarbeit in Sachen Finanzausgleich angesagt sei: " Ne,ne - so einfach is det nicht. Seid denen dankbar. Eure Karten sind so billig, weil ihre Karten so teuer sind!" Die Ansprache ihres Lieblingsdoktors haben die Fans denn auch verstanden. Keiner ruft mehr "Scheißtribüne" an diesem Abend. Statt dessen pogt man, bis die Körper so richtig schmerzen.

Hat aber Spass gemacht. Und wie - selbst die Sitzspießer werden am Ende dieses langen Abends völlig losgelöst die Arena derartig zum Zittern bringen, dass man hofft, die Architekten haben bei der Statikplanung auch an solche Situationen gedacht. Haben sie wohl - die Arena bleibt stabil, weitere Stimmungsraketen werden ohne Statikprobleme gezündet. Seit 25 Jahren sind die Ärzte im Geschäft, aber ihre treuesten Fans haben sie immer noch bei den Jugendlichen. Das Rezept ihres Erfolges? "Du bist immer am besten, wenn dir eigentlich alles egal ist, wenn du einfach normal bist" ("Lied vom Scheitern").

Normalität, augenzwinkernde Ironie, Hintersinn und Ulk mit dem Biedersinn - das sind die Stärken der Ärzte. Und die Fähigkeit, mit den Fans locker zu kommunizieren. Ein gutes Ärzte-Konzert ist ein Konzert, bei dem viel "gequatscht" wird. Bela, Farin und Rod frotzeln übereinander, dass die Schwarte kracht. Auch das Publikum bekommt sein Fett ab. "Det klang wie geheuchelt! Det müsst ihr aber lauter bringen!" Das Ganze ist witzig, spritzig und spielerisch. Da bekommen selbst die von Grönemeyer und Phil Collins unsäglich zelebrierten La Ola-Wellen was Spielerisches.

Klar gibt es das neue Album "Jazz ist anders" und jede Menge Hits aus 25 Jahren. "Deine Schuld", "Westerland", "Junge", "Zu spät" und die fette "Elke". Und, und, und. Die Arena singt, tanzt, hüpft. Nach drei Stunden beenden die Ärzte ihre Sitzung. 40 Einheiten Lebensfreude muss reichen für den nächsten Monat. Wenn nicht, sie kommen ja wieder - nach Düsseldorf. Soll ja nicht weit weg sein.

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