Beethovenfest 2010 Restaurierter Schubert in Bonn

Chefdirigenten Jonathan Nott und die Bamberger Symphoniker geben in Bonn einen beeindruckenden Abend. Sie hinterließen viel Beifall in der fast ausverkauften Beethovenhalle.

Beethovenfest 2010: Restaurierter Schubert in Bonn
Foto: Bamberger Symphoniker/Richard Haughton

Bonn. Franz Schubert ist in seinem extrem produktiven, aber viel zu kurzen Komponistenleben mit vielen Werken nicht zu Ende gekommen. Manches, wie die berühmte "Unvollendete", ist trotzdem aufführungsfähig, anderes nur Skizze geblieben.

Der italienische Komponist Luciano Berio hatte sich fast 200 Jahre nach Schuberts Geburtstag einiger solcher Fragmente angenommen und sie zu einem sinfonischen Ganzen zusammengefügt. Das so entstandene Stück heißt "Rendering", es eröffnete jetzt das Gastspiel der Bamberger Symphoniker beim Beethovenfest. Berio (1925-2003) ging es weniger um eine Vollendung einer weiteren unvollendeten Sinfonie. Er verglich seine Arbeit mit derjenigen eines Restaurators, der die verbindenden Ergänzungen durchaus sichtbar macht.

Während die Instrumentierung sich weitgehend am späten Schubert orientiert, markiert jeweils der Einsatz einer Celesta mit ihren Glockenspielklängen die neuzeitlichen Gelenkstellen, die freilich auch ohne diesen Kunstgriff unüberhörbar wären. Die Bamberger, längst Stammgäste beim Beethovenfest, sind Spezialisten für beide Seiten dieses ein wenig janusköpfigen Werkes. Unter ihrem Chefdirigenten Jonathan Nott haben sie in den vergangenen zehn Jahren sehr viel neue Musik gemacht, dabei die Klassiker jedoch nicht vernachlässigt.

Und so klang das, was von Schubert war, immer sehr Schubertisch, frisch im ersten Satz und wunderbar melancholisch, mit einem himmlischen Oboensolo im zweiten. Hätte die Welt auf diesen Satz verzichten müssen, sie wäre ein Stück ärmer. Doch auch die wie impressionistische Klanginseln wirkenden Zutaten spielte das Orchester sehr sensibel. Die brauchte es ebenfalls für Luciano Berios Konzert für zwei Klaviere und Orchester mit den Schwestern Katia und Marielle Labeque als Solistinnen. Berio spielt in diesem extrem dicht komponierten Werk mit dem Wechsel der Perspektiven, nicht immer ist klar, begleitet das Orchester die Pianisten, oder begleiten die Pianisten das Orchester.

Dass Berio zusätzlich ein drittes Klavier im Orchester unterbringt, trägt nicht eben zur eindeutigen Klärung der Rollenverteilung bei. Die Schwestern spielten sich zu Beginn wie in einem Glockengeläut die Motive zu, und begannen einen intensiven Dialog mit dem Orchester, das unter Notts Leitung den gar nicht so einfachen Part mit ungeheurer Spannung füllte. Viele im Publikum hörten diesem Einblick in die Avantgarde der frühen 70er Jahre konzentriert zu, andere nutzten hingegen die Zeit, um die Pause zu verlängern. Nach Berio kam Beethoven. Und zwar die dritte Sinfonie, die Eroica, für die Nott und seine Bamberger sich noch einmal mächtig ins Zeug legten.

Der erste Satz kam kraftvoll und in den Details sehr schön konturiert herüber, der Trauermarsch mit seinem dunkel pochenden Bassmotiv steigerte sich zu einer großen, einem den Atem nehmenden sinfonischen Klage. Dass die Hörner im Trio des Scherzos nicht ihren besten Moment hatten, sollte nicht den hervorragenden Gesamteindruck schmälern, den die Bamberger auch im Finale hinterließen. Viel Beifall in der fast ausverkauften Beethovenhalle.

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