Kritik von Stephan Berg "Robert Fleck verletzt grundsätzliche Standards"

BONN · Ungewöhnlich vehement hat Stephan Berg, Intendant des Kunstmuseums Bonn, auf ein Interview von Bundeskunsthallen-Chef Robert Fleck in der "Welt" reagiert. Der hatte darin seine Zusammenarbeit mit dem Immobilienunternehmer und Sammler Hans Grothe verteidigt.

"Wir haben im Vorfeld mit den Kollegen vom Kunstmuseum Bonn gesprochen", sagte er, "keiner hatte Vorbehalte gegen unsere Ausstellung - selbst Dieter Ronte nicht, der ehemalige Direktor des Kunstmuseums." In dessen Amtszeit fiel der Bruch mit der eigentlich bis 2025 vertraglich an das Kunstmuseum gebundenen Sammlung Grothe.

Berg kann die Äußerung Flecks nicht fassen: "Robert Fleck hat die Unwahrheit gesprochen", schimpft er. Berg, der Mitglied des Programmbeirates der Bundeskunsthalle ist, habe mit vielen Argumenten versucht, Fleck von dem Kiefer-Projekt abzubringen. Es sei dem Ruf und der Integrität der Bundeskunsthalle abträglich, exklusiv mit nur einem Sammler zusammenzuarbeiten. Berg hielt und hält das für "höchst bedenklich", zumal bei Grothe, der seine privaten Kiefers zeigt, "Partikularinteressen bestehen".

Grothe stand wiederholt im Verdacht, Kunstwerke seiner Sammlung durch Museums-Ausstellungen "geadelt", aufgewertet und dann lukrativ auf dem Kunstmarkt veräußert zu haben. Als Grothes Vermittler soll der Bonner Walter Smerling, Chef des ehemaligen Grothe-Museums in Duisburg, heute Küppersmühle, fungiert haben. Jetzt tritt Smerling als Kurator der Kiefer-Ausstellung in der Bundeskunsthalle auf. Nicht nur "Welt Online" sieht darin "ein Geschmäckle".

Auch Berg kritisiert diese in Bonn bisher obsolete Praxis. Dass die Bundeskunsthalle nun Smerling "faktisch" als Kurator freie Hand gebe, während die Kuratorin der Bundeskunsthalle, Susanne Kleine, nichts zu sagen habe, greife tief in die "kuratorische Hoheit der Bundesinstitution ein".

"Es gibt grundsätzliche, minimale Standards im Umgang mit Leihgebern und Sammlern", erläutert Berg. Die würden in diesem Fall nicht eingehalten. Berg weist auf unzählige Sammlungen hin, die ebenfalls gut mit Werken von Kiefer bestückt seien und nicht berücksichtigt wurden.

Walter Smerling ist in Bonn kein unbeschriebenes Blatt. Zusammen mit seinem Verein "Stiftung für Kunst und Kultur" und einem damals arg blauäugigen Museumschef Dieter Ronte sorgte er 1999 mit der Millenniums-Schau "Zeitwenden" für den bislang größten Finanzskandal in der Bonner Kultur. Das Kunstmuseum blieb auf Schulden in Millionenhöhe sitzen, musste den Betrag mit seinem Ankaufsetat abstottern und zudem ein Bild von Baselitz verkaufen.

Fleck rechtfertigte den privilegierten Umgang mit dem Sammler Grothe und dessen Adlatus Smerling gegenüber dieser Zeitung mit dem Argument Qualität: Grothes Sammlung, "die größte private Kiefer-Sammlung der Welt", biete einen ausreichenden und repräsentativen Überblick über den Künstler.

Grothes Werke seien überdies qualitativ besser als das, was sich in deutschem Museumsbesitz befinde. Da werden etliche Museumschefs und Sammler von Heiner Bastian bis Karlheinz und Agnes Essl sicherlich anderer Meinung sein. Fleck erklärte, die Entscheidung für Grothe, den er nach dessen Kiefer-Ausstellungen in Mallorca und Amsterdam erst im Herbst 2011 kontaktierte, auch mit finanziellen Gründen.

Kiefers Werk sei extrem delikat, und die Leihgeber seien entsprechend empfindlich. "Wenn ich aus dem Metropolitan Museum in New York einen Kiefer ausleihe, kommen gleich fünf Restauratoren mit", sagt Fleck. Das steigere die Kosten extrem. Man habe zeitweilig erwogen, das Ausstellungsprojekt mit Kiefer abzublasen, entschied dann aber doch anders.

Glaubt man Stephan Berg, ist Kiefer mit der jetzigen Konstellation nicht zufrieden. Fleck hingegen erzählt, wie engagiert Kiefer in Badehose auf der Wendeltreppe herumkraxelte, um die Installation vor Ort zu realisieren. Wie dem auch sei: Fleck stand nach seiner argumentativ nie befriedigend erläuterten Absage der Trockel-Ausstellung im vergangenen Jahr mächtig unter Druck, auf den Lüpertz-Flop folgend endlich wieder eine Retrospektive aus der ersten Liga zu präsentieren. 1992 hatte man parallel zur documenta Niki de Saint Phalle gezeigt, 1997, wieder zur documenta, Polke. Und nun sollte erneut ein Großer her.

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