Arp Museum 2021 Rodin trifft Arp

Bonn · Rolandsecker Arp Museum übersteht das Corona-Jahr mit leichtem Besucherminus und präsentiert sein Programm für 2021.

 Gipfeltreffen in Rolandseck: Hausherr Hans Arp begegnet dem „Denker“ (Foto) des französischen Bildhauers Auguste Rodin von 1903 aus der Kunsthalle Bielefeld.

Gipfeltreffen in Rolandseck: Hausherr Hans Arp begegnet dem „Denker“ (Foto) des französischen Bildhauers Auguste Rodin von 1903 aus der Kunsthalle Bielefeld.

Foto: Ingo Bustorf

Seine Skulpturen seien „schlafende Küsse auf Totenhänden, sind Quallen mit Lackknopfstiefelchen des Walzerjahrhunderts“. So poetisch jubelte Hans Arp in den 1950er Jahren über den hochverehrten „bärtigen Meister“ Auguste Rodin. Als dieser verehrte Bildhauer starb, stand Arp gerade an der Schwelle zu Dada, experimentierte mit „irdischen Formen“. Gleichwohl faszinierte ihn der französische Bildhauer, Schöpfer des „Denkers“ und der Skulptur „Der Kuss“. Beide werden natürlich wie weitere Hauptwerke Rodins in einer vielversprechenden Ausstellung im Arp Museum Rolandseck zu sehen sein, das in seiner Reihe der „Rendezvous des Amis“ erstmals überhaupt Rodin und Arp zusammenbringt. Nach den Rendezvous’ mit Henri Moore und Salvador Dalí ist das bestimmt ein weiterer Höhepunkt der Reihe.

Passend dazu hat Museumschef Oliver Kornhoff das Ausstellungsjahr in Remagen unter das Motto „Fantastisch plastisch“ gestellt und verspricht, das gesamte Ensemble aus Neubau und Künstlerbahnhof in ein einziges Bildhaueratelier zu verwandeln. Zentrum des Projekts wird die mehr als hundert Werke umfassende Schau „Rodin/Arp“ sein, eine Kooperation mit der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel, die die Schau gegenwärtig zeigt (unter Coronabedingungen virtuell).

Arp und Lagerfeld

Als Vorspiel zum Ausstellungshöhepunkt des Jahres kommt die Patronin des Hauses, Sophie Taeuber-Arp, zu Wort. Zeitweise war sie als Lehrerin der Kunstgewerbeschule in Zürich tätig, wo es natürlich auch um das Spannungsfeld Kunst und Mode ging.

Die Ausstellung zeigt nun Taeuber-Arp als Kostümentwerferin für Maskenbälle, als Gestalterin von Stoffen und Schöpferin avantgardistischer Marionetten. Spannend dabei ist, dass sich der Modegott Karl Lagerfeld 2015 bei seiner Kollektion für Fendi und der dazugehörigen Werbekampagne „Arty Puppets“ ausdrücklich auf Taeuber-Arp bezog. Das wird in der Schau „Immer wandelt sich die Schönheit“ ausführlich dokumentiert.

Mit Lagerfeld sind wir in der Gegenwart angekommen, mit den Stipendiaten des Künstlerhauses Schloss Balmoral riskieren wir dann einen Blick in die Zukunft. Parallel zu Taueber-Arp und Lagerfeld machen sich die jungen Künstler Gedanken zum Thema „Luxus und Glamour. Vom Eigensinn des Überflüssigen“. Es geht um Mode und Körpergefühl, Inszenierung, Luxus, Transkulturalität und Nachhaltigkeit. Interessant ist, dass gerade zu der Zeit auch die Bonner Bundeskunsthalle mit der großen Ausstellung „Dress Code“ auf das Modethema einschwenkt. Dann darf man auf den rheinischen Dialog gespannt sein.

Kunstkammer Rau

Was war bildhauerisch vor Rodin und Arp los? Darauf gibt eine Ausstellung der „Kunstkammer Rau“ Antworten. Unter dem Titel „In Form!“ dreht sich alles um Skulptur und Plastik bis 1900, sozusagen vom Mittelalter bis Rodin. Da sind Heilige und mythische Götter, Nymphen und Satyrn, Dekoratives und Zeichen der mittelalterlichen Frömmigkeit. Die Bildhauer der Moderne wie Rodin haben sich an diesen Meistern gerieben, sich damit intensiv beschäftigt. Rodin meinte: „Hütet euch, eure Vorgänger einfach nachzuahmen. Ehrt die Tradition und lernt erkennen, was sie an ewig Fruchtbarem enthält: Liebe zur Natur und Aufrichtigkeit.“

So wie Rodin die Tradition schätzte und etwas ganz anderes daraus schuf, bezieht sich die Berliner Bildhauerin Stella Hamberg, Jahrgang 1975, mit ihren Bronzen deutlich wahrnehmbar auf Rodin, geht aber mit ihren fragmenthaften Körperstudien ihren ganz eigenen Weg. Hamberg und Rodin/Arp laufen fast ein halbes Jahr parallel im Meierbau, der, da die Grafik andernorts zu sehen ist, ohne Jalousien und Blenden im vollen Tageslicht erstrahlt. Da wird man auch Richard Meiers Architektur quasi neu erleben. 

Das führt fast schon zur letzten Ausstellung des Jahres, in der das Haus unter dem Motto „Inside Arp“ ausgiebig Nabelschau betreibt und das eigene Konzept zur Diskussion stellt. Kornhoff selbst weiß noch nicht, wie die Ausstellung, die als offene Werkstatt mit Publikums-Interaktion geplant ist, aussehen wird. Es gehe im Kern darum, wie Hans Arp und Sophie-Taeuber Arp in Zukunft präsentiert werden sollen. 

Die Ergebnisse werden in den „Atlas Arp“ einfließen, die neue Präsentation der Dauerausstellung über die Hauspatrone, die das Museum im Frühjahr 2022 mit Bundesmitteln einrichtet - 253 000 Euro wurden bewilligt.  Alle Ausstellungen 2021 stehen pandemiebedingt unter Vorbehalt, laufen, „wenn es der heilige Coronatius zulässt“, witzelt Kornhoff. Das Corona-Jahr 2020 habe das Haus relativ gut überstanden. Trotz der Schließungen kamen 45 000 Besucher übers Jahr. Im Jahr 2019 waren es 5000 mehr. Den einen Monat, in dem das Museum normal öffnen durfte, kamen 6000 Besucher, rechnet Kornhoff vor. Mit der Erfolgsschau Dalí/Arp wäre unterm Strich mehr zusammengekommen.

Immerhin: „Wir haben die Schließung als Chance genommen“, erzählt der Direktor. Das bedeutete Online-Eröffnungen, die sehr gut frequentiert waren, Aktionen in den Sozialen Medien wie #Arpalleinimmuseum oder #Arpsliebling. Das Publikum habe die Formate gut angenommen, und in der Museumsverwaltung habe man festgestellt, dass nicht immer Reisen nötig sind, vieles auch per Zoom möglich sei. Corona als Chance.

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