Roots und Experimente in Endenich

Hank Shizzoe in der Hamonie - Ein Lucier-Projekt im Ballsaal

Hamonie. Mit dem Klischee des bedächtigen Schweizers hat Hank Shizzoe nun wirklich nichts zu tun - bei seinem Konzert in der Endenicher Harmonie bestach der Schweizer Musiker nicht nur durch musikalische Wendigkeit, sondern auch durch eine Menge Esprit.

Der "Rolling Stone" bezeichnete Shizzoe nicht umsonst als "besten Roots-Rock-Songwriter und Gitarrenstilisten, der nicht aus den USA kommt". Und genau dies bewies der Gitarrenvirtuose mit seiner Band "The Directors" dem Bonner Publikum. Shizzoes Musik geht locker ab, geradlinig und nahezu schnörkellos.

Gerade erst vor drei Wochen erschien die neueste Scheibe ("Headlines"), der Band auf der Shizzoe mit Oli Hartung (Gitarre), Michel Poffet (Kontrabass) und Christoph Beck (Drums) eindrucksvoll beweist, dass er einen Bogen von Ry Cooder über J.J. Cale bis Mark Knopfler zu schlagen versteht.

Bei seinem abwechslungsreichen Repertoire zeigte das gut eingespielte Quartett enorme Stilvielfalt und ein geschmacklich sicheres Gespür für ausgesuchte Klänge, was insbesondere Shizzoe durch den Einsatz unterschiedlicher Gitarren bewerkstelligte.

Ballsaal. "I'm sitting in a room" - ein schlichter Titel. Und der Interpret des gleichnamigen Werkes von Alvin Lucier tut genau das: Er sitzt in einem Raum, vor einem Mikrofon, und spricht einen kurzen Text.

Der wird aufgenommen, und die Aufnahme wird dann wieder abgespielt. Dabei wird sie wiederum aufgenommen, das Ergebnis wird dann wieder abgespielt und dabei aufgenommen, und, und, und.

Im gänzlich verdunkelten Endenicher Theater im Ballsaal dauerte es gut eine halbe Stunde, im Laufe derer sich der immer wieder aufgezeichnete und abgespielte Ursprungstext zu einem gänzlich andersartigen akustischen Ergebnis wandelte. Aus dem Sprachereignis wurde ein Klangereignis, das nicht zuletzt von den Resonanzeigenschaften des Aufführungsraumes beeinflusst wurde und zum Nachdenken über das Wesen von Sprache, Klang oder Musik einlud.

Am Ende hatten sich die akustischen Ereignisse um die Frequenz der Eigenresonanz des Raumes verdichtet, selbst Nebengeräusche wie Husten wurden durch den Prozess der Aufnahme und Reproduktion schnell wieder herausgefiltert. So aufschlussreich und originell das von dem Sprecher Stephan Weidt und dem Bonner Komponisten Johannes Quint realisierte Projekt auch war, so schnell war es leider auch schon vorbei.

Zwar gab Quint eine sehr informative Einführung in Leben und Werk Alvin Luciers, doch hätte man das Werk gerne noch in weiteren Durchläufen hören können, etwa mit einem abgewandelten Text oder in einem anderen Raum. Dann hätte sich vielleicht auch das Publikum experimentierfreudiger erwiesen. Hier hätte gerne mal eines der sonst so störenden Mobiltelefone klingeln dürfen.

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