Der Kunstverein stellt Arbeiten vor Rote Äpfel aus der Raumstation

BONN · Nur drei Arbeiten für die große Halle im Bonner Kunstverein, das klingt nach einem spartanischen Ausstellungskonzept.

 Er reißt Löcher in die Konsumwelt: Yngve Holen.

Er reißt Löcher in die Konsumwelt: Yngve Holen.

Foto: Franz Fischer

Tatsächlich aber bespielen die Installationen von Aleksandra Domanovic, Yngve Holen und James Richards mit ihrer raumgreifenden Präsenz den Ort mühelos. Das hat nicht nur mit der Größe der Arbeiten zu tun, sondern auch mit einer Gedankenwelt, die in der Lage ist, leere Räume zu füllen und sich dort auszubreiten.

Alle drei Künstler sind Anfang 30, leben in Berlin und haben im letzten Jahr den ars viva-Preis bekommen, den der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der deutschen Industrie jährlich an den Künstlernachwuchs vergibt. Ein vorgegebenes Thema hatte es bei ars viva im letzten Jahr nicht gegeben, aber in ihrer Ästhetik, die sich ganz selbstverständlich aus der realen wie der virtuellen Welt speist, gibt es durchaus Parallelen zwischen den Künstlern.

Aleksandra Domanovic geht mit empirischem Ansatz der Rolle der Frau in der Technologie nach und sucht sich dafür ihre eigenen Referenzen. Sieben große PVC-Bahnen, die von der Decke hängen, sind in einem technisch aufwendigen Verfahren mit Bildern von Objekten aus bekannten Science-Fiction-Filmen bedruckt. In allen Filmen, von "Alien" bis "Gravity", spielen Frauen eine Hauptrolle, und dass die roten Äpfel aus der Raumstation wie aus einem Schneewittchen-Sarg ins Orbit kullern, gibt der Arbeit einen spielerisch-märchenhaften Verfremdungseffekt.

Auf eine ähnliche Strategie setzt auch Yngve Holen. Er hat zehn Waschmaschinen in Reihe gestellt und mit Flugzeugmodellen, verformter Plastikfolie und Platten aus dem Flugzeugbau bestückt. Die Installation weckt Assoziationen an jeden beliebigen Technikmarkt und reißt mit ihrer unerwarteten und zugleich hyperrealistischen Kombination ein paar Löcher in unsere heile Konsumwelt.

Aus dem Kubus der Kunstvereinshalle hört man derweil laute Musik und diverse Geräusche. Sie gehören zum Video "Raking Light" von James Richards, das nach anfänglicher Irritation seine Qualitäten in sieben Minuten Laufzeit wunderbar entfalten kann, und zwar dann, wenn man aufhört nach einer Geschichte zu suchen.

Aus einem Materialfundus von eigenen Video- und Tonaufnahmen und gefundenem Material, etwa im Internet, stellt Richards eine Komposition der Oberflächen, Texturen und Rhythmen zusammen, denen man visuell nachspürt und die wiederum weitere atmosphärische Bilder wachrufen.

Zur ars-viva-Ausstellung zwar nicht direkt zugehörig, aber doch als passende Erweiterung zu verstehen, sind die Arbeiten von Klaus Merkel im Foyer des Kunstvereins. In der gezeigten Serie von 36 Leinwänden bezieht er sich als Maler selbstreferentiell auf sein Werk und auf ein von ihm erdachtes System.

In diesem System verwendet er Miniaturbilder seiner eigenen Arbeiten und mischt sie wie Spielkarten immer wieder neu. Daraus entsteht eine Art paradoxe Realität, in der wir wie in einem Vexierbild zwischen einer virtuellen und einer physischen Welt hin und her springen.

Bonner Kunstverein, Hochstadenring 22, bis 17. Mai. Di-So 11-17, Do 11-19 Uhr. Ausstellungseröffnung heute, 19 Uhr. Am 9. April ab 19 Uhr diskutiert eine Gesprächsrunde "Über das Digitale" und die Arbeiten der vier Künstler.

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