Sammler aus Mönchengladbach schenkt Kunstmuseum Macke-Stillleben

1,6 Millionen Euro teures Werk - OB Bärbel Dieckmann: "Glücksfall für uns alle"

  Strahlende Gesichter um Mackes Stillleben:  (von links) Stephan Berg, Bärbel Dieckmann und Kunstsammler Jürgen Hall.

Strahlende Gesichter um Mackes Stillleben: (von links) Stephan Berg, Bärbel Dieckmann und Kunstsammler Jürgen Hall.

Foto: Fischer

Bonn. Manchmal gibt es eben doch ein Happy End. Entsprechend gut, beinahe euphorisch, war die Stimmung gestern Abend im Bonner Kunstmuseum. Hatte es noch vor einem halben Jahr so ausgesehen, als ob das städtische Museum in seinem Bestand deutlich zur Ader gelassen würde, mischten sich nun Erleichterung und Stolz angesichts zweier Neuzugänge für die Sammlung.

Den wichtigsten Anlass zur Freude gab zweifellos die Rückkehr von August Mackes Gemälde "Stillleben mit Apfelschale und japanischem Fächer". 20 Jahre hatte es als Glanzstück zur Sammlung im Kunstmuseum gehört, bevor es die Eigentümer zu Beginn des Jahres abzogen. Jürgen Hall, Tabakwarengroßhändler aus Mönchengladbach, tauchte unerwartet als Retter auf und ersteigerte das Bild im Februar bei Sotheby's in London. Jetzt wollte er es sich nicht nehmen lassen, das 1,6 Millionen Euro teure Werk dem Kunstmuseum persönlich zu übergeben.

"Als ich hörte, dass das Stillleben von Macke versteigert werden sollte, war ich entsetzt", erinnert sich Jürgen Halll. "Ich dachte, dass dieses Gemälde auf jeden Fall nach Bonn mit seiner bedeutenden Macke-Sammlung gehört. Sicher spielt auch eine Rolle, dass ich an meine Schulzeit im Godesberger Pädagogium gute Erinnerungen habe und dort von meinem Kunstlehrer an die expressionistische Kunst herangeführt wurde."

Nachdem im direkten Kontakt mit den Eigentümern des Stilllebens keine Einigung über den Preis hatte erzielt werden können, bot Hall in London mit und ging als Gewinner aus einem knapp dreiminütigen Bieter-Krimi hervor. Nun soll das Bild im Kunstmuseum bleiben - als Geschenk. "Meinen Grundsatz, dass Spitzenkunst in die Öffentlichkeit gehört, können Sie wörtlich nehmen", richtete der 68-jährige Unternehmer das Wort an Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und die Vertreter des Kunstmuseums. Die Schenkungsurkunde - "rechtsverbindlich und unwiderruflich" - hatte er gleich mitgebracht.

"Ein Glücksfall für uns alle, denn mit dem städtischen Etat ist so ein Ankauf nicht zu machen", bedankte sich Bärbel Dieckmann bei Hall und schien bereit, "fast an ein Wunder" glauben zu wollen. Auch Stephan Berg, neuer Intendant des Kunstmuseums, freute sich über die "extrem seltene Generosität" und darüber, dass "die Museen in diesem hoch erhitzten Kunstmarkt nicht immer die Dummen sein müssen". Das Still-leben gehöre unzweifelhaft zum Fundament der Sammlung. "Macke setzt sich in diesem Bild klar mit Matisse auseinander und findet dabei zu seiner eigenen Sprache."

Entstanden ist das Bild im April 1911, wenige Monate, nachdem Macke mit Ehefrau Elisabeth und Söhnchen Walter vom Tegernsee nach Bonn zurückgekehrt war. Im Haus an der Bornheimer Straße war für den 24-jährigen Maler ein Atelier im Dachgeschoss eingerichtet worden, in dem er eine äußerst produktive Zeit erlebte. Als sei die Schenkung des Macke-Bildes noch nicht ausreichend, zog Jürgen Hall gestern Abend noch ein weiteres Ass in Form des Frauenporträts "Nadja" von Emil Nolde aus dem Ärmel.

Auch "Nadja" war von ihm bei einer Versteigerung erworben worden, im Juni 2007 bei Ketterer in München. Für sein erklärtes "Lieblingsbild" hatte Hall den Zuschlag beim Rekordpreis von 2,15 Millionen Euro erhalten. Das Bild gehörte dem Kunstverleger Ernst Rathenau, Vetter des Außenministers der Weimarer Republik Walther Rathenau. Als Ernst Rathenau wegen seiner jüdischen Abstammung 1938 in die USA emigrierte, deponierte man das Bild in einem Berliner Banksafe. Nach dem Krieg lagerte es in einer Spedition, von wo es gestohlen wurde.

2006 wurde es bei der Polizei abgegeben und den Nachfahren Rathenaus zurückgegeben. Jetzt wird auch "Nadja" als Leihgabe von Jürgen Hall, darüber ist man sich im Kunstmuseum einig, "eine wunderbare Ergänzung zur Sammlung" sein. Schon allein, weil es keinen weiteren Nolde im Bestand gibt. Stephan Berg: "Das Bild reiht sich zwischen Jawlensky und Campendonk ein, als hätte es dort schon immer gehangen."

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