Neu im Bonner Schauspielensemble Sandrine Zenner mit Debüt als Königstochter

Bonn · Sandrine Zenner ist in ihrem Leben schon viel herumgekommen und jetzt neu im Bonner Theaterensemble. In der „Orestie“ spielt sie die Elektra. Die Premiere ist am Samstag im Schauspielhaus.

Sandrine Zenner kann auch singen. Im November 2017 sprach die Studentin der Hochschule der Künste Bern in Bonn vor. Zenner fühlte sich in Gerhart Hauptmanns Frau John aus dem Drama „Die Ratten“ ein. Die Frau des Maurerpoliers John kauft einem schwangeren und sitzen gelassenen Dienstmädchen das Kind ab und gibt es ihrem ahnungslosen Mann als eigenes aus.

Danach sang Zenner, die mit einer Empfehlung des Regisseurs Volker Lösch zum Vorsprechen gekommen war, ein Chanson: „Göttingen“ von Barbara. Jens Groß, seit Kurzem neuer Direktor des Bonner Theaters, bat sich ein paar Tage Bedenkzeit aus. Dann rief er in Bern an und verpflichtete die Schauspielerin für drei Jahre. Am Samstag gibt die 27-jährige, in Berlin geborene Zenner ihr Debüt in Aischylos' „Orestie“. In Kürze wird sie noch einmal nach Bern reisen, um ihr Examen zu finalisieren.

Zenner spielt Elektra

Weder das eine noch das andere scheint die Tochter einer französischen Mutter und eines deutschen Vaters zu belasten. Im Café in Bad Godesberg erzählt sie temperamentvoll und gestenreich von der Probenarbeit. Regisseur Marco Storman habe ordentlich gestrichen, aber aus den drei erhaltenen Teilen des 458 v. Chr. erstmals aufgeführten Dramas eine bühnenwirksame Dichtung geschaffen: ein ästhetisches und sinnliches Erlebnis, roter Faden inklusive.

Zenner spielt Elektra, die einen Konflikt mit ihrer Mutter Klytaimnestra und deren Lover Aigisth lösen muss; die beiden haben Elektras Vater Agamemnon ermordet. Zu der Bonner „Orestie“, verspricht Zenner, werde das Publikum einen Zugang finden, der alte Text transportiere durchaus Anschauungsmaterial, „Ankerpunkte“ für die Gegenwart.

Zenner, die regelmäßig Theatertexte schreibt, kann sich mühelos in die Perspektive eines Regisseurs hineinversetzen. Naheliegende Frage: Wie wär's mit dem Regiefach? Klar, antwortet sie, ohne mit der Wimper zu zucken. In ein paar Jahren könne sie sich das gut vorstellen, „aber ich habe noch ganz viel Zeit“.

Mexiko, Frankreich, Schweiz

Die Schauspielerin ist in ihrem Leben schon viel herumgekommen: Mexiko, Frankreich, Schweiz. „Nach Berlin war erst mal alles anders“, erzählt sie. Seit vier Wochen lebt sie in Bonn und hat sich mit der Stadt ebenso gut arrangiert wie mit den neuen Kollegen im Ensemble. Sophie Basse, Sören Wunderlich, Wolfgang Rüter und Bernd Braun gehören zum „Orestie“-Team: alte Bonner Bekannte. In ihrer Mitte empfindet Zenner keine Außenseitergefühle.

Da Schauspieler nicht von der Kunst allein leben können und Geld verdienen müssen, wird sie sich auch Film und Fernsehen zuwenden: „Das peile ich jetzt an.“ Zur Zukunft in Bonn gehört für sie der „Sommernachtstraum“ (Premiere 17. November). In Volker Löschs nächster Produktion möchte Zenner mitwirken und zur Abwechslung auch in etwas Leichtem: „Ich mag gern komödiantische Sachen.“ Am Samstag wird es todernst. In der „Orestie“ gibt es nichts zu lachen. Zenners Wunsch: „Dass viele Leute kommen.“

„Die Orestie“ im Schauspielhaus. Premiere am Samstag, 19.30 Uhr. Weitere Vorstellungen am 4., 6., 13. und 26. Oktober. Karten: in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort