Wallraf-Richartz-Museum Schaulust trifft Entdeckergeist

Köln · Über seine Rolle als Waffenfabrikant und -exporteur kann man streiten, über die Qualität seiner Kunstsammlung nicht: Emil Bührle (1890-1956), eidgenössischer Industrieller deutscher Herkunft, trug eine der wertvollsten Privatkollektionen überhaupt zusammen.

 Cézannes "Knabe mit der roten Weste" und Gauguins "Bretonischer Junge" treffen sich in einer glanzvollen Schau.

Cézannes "Knabe mit der roten Weste" und Gauguins "Bretonischer Junge" treffen sich in einer glanzvollen Schau.

Foto: Slg. Bührle/RBA

Bührles Augenmerk reichte von der Gotik bis zum Kubismus, doch vor allem sein Schwerpunkt macht ihn für Köln interessant: "Monets Zauber hat mich nie losgelassen, Cézanne, Degas, Manet, Renoir wollte ich in meinem Umkreis an meinen Wänden haben", gestand Bührle. Einige dieser Werke von Weltrang werden nun ab 23. September 2016 für gut vier Monate die Wände des Wallraf zieren, das sie mit den eigenen Kostbarkeiten konfrontiert.

Partnerschaft der Konkurrenten

"Von Dürer bis van Gogh - Sammlung Bührle trifft Wallraf" heißt dieser Höhepunkt des nächsten Ausstellungsjahrs. Pikante Fußnote: In den 50er Jahren konkurrierten Bührle und die Wallraf-Einkäufer oft um dieselben Werke, nun treten insgesamt 70 Arbeiten in Dialog. Mit von der noblen Kunstpartie sind etwa Dürer, Cuyp, Canaletto, Delacroix, Pissarro, Gauguin, van Gogh und Picasso.

Museumsleiter Marcus Dekiert nutzt damit ein günstiges Zeitfenster: Bis Mai 2015 waren die rund 200 in eine Stiftung überführten Bührle-Schätze in einer Villa neben seinem Wohnhaus zu sehen, und erst ab 2020 ist das Konvolut in einem Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich wieder öffentlich zugänglich.

Die erste Sonderschau 2016 macht "Ein vergessenes Meisterwerk" dingfest. Ab 18. März wird das "Antwerpener Altarbild der Kölner Kreuzbrüder" so weit wie möglich rekonstruiert. Das 1520 vom Kölner Orden an den Rhein geholte, kunstvoll geschnitzte und bemalte Retabel von Leben und Leiden Christi wurde 1802 im Zug der Säkularisation zerlegt und in Einzelteilen verkauft.

Das Wallraf erstellt nach ausgiebiger Forschung nun ein gigantisches Puzzle, wobei Originalteile neben Stellvertreterfotos verschollener Fragmente treten. Derart spannende Kunstgeschichte verspricht auch die im nächsten Frühjahr ausgerufene "Republik der Kinder". Hier werden barocke Meisterwerke (etwa von Rembrandt) nicht nur für die kleinen Besucher tiefer gehängt, sondern durch Bilder junger Künstler zwischen acht und zwölf Jahren ergänzt, die sich von den Vorbildern inspirieren lassen.

Die zweite Sammlungspräsentation zeigt "Im Labor des Museums" neben einem als Fälschung entlarvten Monet auch jene Infrarot- und Röntgenaufnahmen, mit denen man die Echtheit von Kunst beurteilen kann.

Vier Mal steht das sonst lichtscheue Graphische Kabinett im Blickpunkt. Am spektakulärsten ab 18. Februar 2106 mit "Palmyra - Was bleibt?" Gezeigt werden mehr als 30 Zeichnungen des französischen Künstlers, Archäologen und Architekten Louis-François Cassas, der 1785 in nur zwei Monaten die einstige Schönheit der antiken Stätten im heute kriegsgeschundenen Syrien festhielt. Sind diese Arbeiten ohnehin von hohem ästhetischen Wert, so werden sie wegen der aktuellen Zerstörung der verbliebenen Tempelruinen durch die IS-Barbaren zu einem einmaligen Zeugnis des verlorenen Kulturerbes.

Informationen im Internet. www.wallraf.museum

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