Alben der Amerikanerin Tori Amos Schönheit und Schmerz

Intensität ist ihr Mittelname. Die 51-jährige Amerikanerin Tori Amos hat sich als Fachfrau für große Gefühle profiliert. Seelische und körperliche Verletzungen hat sie eindringlich in Musik übersetzt sowie maßlose Sehnsüchte und enttäuschte Hoffnungen.

 Rotgelockte Sirene: Tori Amos im Konzert in Berlin, April 2014.

Rotgelockte Sirene: Tori Amos im Konzert in Berlin, April 2014.

Foto: dpa

Schönheit und Schmerz sind bei ihr nicht voneinander zu trennen. Dabei schont die Sängerin und Songschreiberin ihr Publikum so wenig wie ihren Bösendorfer-Flügel, den sie in Konzerten oft mit ungestümer Kraft bearbeitet. Ihre Stimme jauchzt dann, gurgelt, wimmert und grollt. Kraft trifft Leidenschaft.

Der Furor hat seinen Preis. Es fällt nicht immer leicht, Amos' musikalischem Extremismus zu folgen. Es ist aber auch unmöglich, sich den leisen, poetischen, verführerischen Tönen zu entziehen. Früher einmal wollte Amos dem Publikum "uralte weibliche Rhythmen" erfahrbar machen, die sie angeblich den Wellen des Meeres abgelauscht hatte.

Als sie 1992 mit ihrem Album "Little Earthquakes" debütierte, war sie 29, aber keine Anfängerin. Tori Amos arbeitete bereits mit 13 als Musikprofi. Die Songs vom Debütalbum sind Meilensteine des Pop, zu Kunst gesteigerte Konfessionen. "Silent All These Years" erzählte eine Geschichte von Dominanz, Erniedrigung und Angst. "China", ein Song von melancholisch grundierter Sinnlichkeit, thematisierte ersehnte, aber unmögliche körperliche Nähe. "Me And A Gun" rekonstruierte eine Vergewaltigung; Tori Amos wusste, wovon sie sang.

Die zwölf Songs des Albums "Little Earthquakes" feiern heute ein glanzvolles Comeback: als Deluxe-Edition, remastert und mit 18 zusätzlichen Titeln, darunter sogenannte "Rare Tracks" wie das Nirvana-Cover "Smells Like Teen Spirit" und Live-Aufnahmen. Ebenfalls ab heute auf dem Markt: das 1994 erschienene Album "Under The Pink", mit dem Tori Amos ihre Position in der ersten Liga des Pop festigte. Das erste Album betrachtete sie als ein Tagebuch, den Nachfolger als ein Gemälde. Auch "Under The Pink" erscheint im luxuriösen Format, ergänzt durch 15 Bonus-Titel.

Die Liedtexte gleichen häufig rätselhaften Räumen, in denen man sich gern verläuft. Zu Höchstform läuft Amos, die bereits zwei Mal auf dem Bonner Museumsplatz gastierte, in ihren Konzerten auf. Im Sommer 2015 bereist sie Europa, Stationen in Spanien, Dänemark, Finnland und Norwegen stehen auf dem Spielplan. Ein Termin in Deutschland: bisher Fehlanzeige. Tröstlich, dass die für Fans unverzichtbaren Neuauflagen der ersten beiden Alben "Little Earthquakes" und "Under The Pink" insgesamt zwölf live aufgenommene Titel enthalten - von "Little Earthquakes" (1992) bis "The Waitress" (1994).

Tori Amos: Little Earthquakes / Under The Pink. Deluxe-Versionen, remastert, mit "Rare Tracks" und B-Seiten. Jeweils 2 CDs. Rhino/Warner.

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