Premiere im Theater Bonn ist im April 2015 Seelenschmerz und Liebeskummer

Bonn · Regisseur Jürgen R. Weber inszeniert am Theater Bonn Franz Schuberts "Winterreise" mit Jugendlichen.

 Markenzeichen Sonnenbrille: Jürgen R. Weber.

Markenzeichen Sonnenbrille: Jürgen R. Weber.

Foto: Thomas Kölsch

Schuberts "Winterreise" gehört zu den großen Herausforderungen eines jeden klassischen Sängers, zugleich aber auch zu den schönsten und beliebtesten Liederzyklen der Musikgeschichte. Im Rahmen der neu gegründeten "Sparte 4" hat das Theater Bonn nun ein faszinierendes Projekt ins Rollen gebracht: Zusammen mit einem Solisten und einem kleinen Instrumental-Ensemble soll der Jugendchor des Hauses dieses Werk auf die Bühne bringen.

Mit Jürgen R. Weber steht dabei ein künstlerischer Leiter zur Verfügung, der bereits in der vergangenen Spielzeit durch seine Inszenierung von Walter Braunfels' Oper "Der Traum ein Leben" bewies, dass unkonventionelle Ansätze, schräge Überzeichnungen und eine gewisse Portion Galgenhumor durchaus eine reizvolle Mischung sein können.

Doch funktioniert diese auch bei der melancholisch-schwermütigen "Winterreise"? "Bis zu einem gewissen Grad ja", sagt Weber im GA-Interview. "Natürlich ist das keine Komödie, nichts, wo man die ganze Zeit über lachen kann. Aber wir werden auch nicht die ganze Zeit über bierernst bleiben." Ein Augenzwinkern muss schon erlaubt sein - selbst wenn der Kern der Aufführung alles andere als lustig sein dürfte. "Schubert hat auch für Nicht-Klassik-Fans etwas Besonderes", erklärt Weber, der mit seiner Sonnenbrille, dem Parka und der Wollmütze auf den wirren Haaren so gar nicht dem klassischen Bild eines Opern-Regisseurs entspricht.

"Vor allem Jugendliche haben einen starken Bezug zu der 'Winterreise', weil in ihr unter anderem pubertäre Probleme thematisiert werden", fügt der fünffache Vater hinzu. Der erste große Liebeskummer, die ersten Depressionen. Seelenschmerz. Suizidgedanken. All das steckt in Schuberts Zyklus.

"Wir werden daher unter anderem mit der Michael-Franke-Stiftung zusammenarbeiten, die jungen Menschen in Lebenskrisen hilft", führt Weber aus. Denn die Textpassagen des Kunstlieds sollen von Geschichten aus der Gegenwart flankiert werden: "In der ästhetischen Struktur, die wir bislang ausgearbeitet haben, wird Christian Georg als Solist eine gekürzte Fassung der 'Winterreise' singen und dabei vom Chor unterstützt werden. Aus diesem sollen dann Einzelne ausbrechen und eigene oder auch fremde Erfahrungen wiedergeben."

Der Weg durch die vereiste Seelen-Landschaft spiegelt sich dabei zugleich in einem Chat zweier depressiver Jugendlicher, der die Rahmenhandlung bildet. "Ich lasse dabei aber bewusst viel Raum, damit sich die Chormitglieder mit ihren Ideen einbringen können", so Weber.

Auch wenn die Premiere erst im April 2015 stattfinden soll, ist Weber bereits jetzt an Zuschauern interessiert, bietet daher zu bestimmten Terminen offene Proben an. "Für mich gehört das Publikum ebenfalls zu den Akteuren", sagt er. "Außerdem möchte ich sehen, wie es auf verschiedene Reize reagiert." Vor allem auf die sich so langsam herauskristallisierenden Szenen, die mal die Musik unterstützen und mal mit ihr brechen sollen. Kein Zweifel, Weber hat sich einiges vorgenommen. "Aber das macht ja gerade Spaß", sagt er und lacht. Na dann los. Der Winter naht.

Info

Am 23.11. um 11 Uhr wird die erste Probe mit dem Regisseur als öffentliche Werkstattprobe stattfinden. Karten gibt es in den GA-Ticketshops.

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